Es pilzelt noch in Anhalt-eine Bestandsaufnahme im geschädigten Kiefernwald

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 719 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (21. November 2023 um 23:30) ist von Mykolologe.

  • Nach den größeren Mengen an Edelreizkern und Mönchsköpfen und nun auch Maronen, die in den letzten Tagen im Kiefern- bzw. Laubholzwald zu sehen waren, ging es heute (11.11.2023) um den Besuch eines Kiefernwaldes, der mal ein schöner war, der aber heute von den eher bauchgesteuerten Pilzsammlern (soll kein Vorwurf sein) nicht mehr aufgesucht wird. Bild 1 zeigt eine typische Ansicht mit geschädigten Hochkiefern im Hintergrund und ehemaligen Waldflächen, die jetzt von Holzresten in oft 50 cm hohen Gras dominiert werden. Am Rande dieses Gebietes schließen sich Felder, Wiesen und Weiden an. Wenn man nicht auf den Wegen bleibt, ist das Laufen oft sehr anstrengend.

    Überraschenderweise ließen sich ca. 25 Arten unterscheiden, die in sich ihrer Häufigkeit stark unterschieden. Am häufigsten war an Holzresten ein noch nicht bestimmter gelb-orangener Saprophyt zu beobachten (Hutdurchmesser 1 bis 4 cm, Wuchshöhe bis 4 cm, Lamellen gelb bis hellbraun, nicht unbedingt angenehmer Geruch und Geschmack (Bilder 2-1, 2-2 und 3).


    Am zweithäufigsten wurden die in letzter Zeit auch im Forum oft erwähnten Rötliche Holzritterlinge (TRICHOLOMOPSIS RUTILANS) angetroffen. Der größte und offenbar älteste von ihnen hatte eine Hutdimension von 23 cm. Bei diesem ausgeblichenen, aber noch nicht verfaulten Exemplar war fast nur noch die gelbe Grundfarbe des Hutes erkennbar (Bild 4).

    Auf eine Schwefelkopfvariante mit ausgewaschenen Hüten deutet der Baumpilz in Bild 5 hin. Leider wurden z.B. die Stiele nicht intensiver untersucht. Der Geschmack war jedenfalls nicht brennend scharf.

    In einer Waldrandzone wuchsen zahlreiche Pilze der Art Gemeiner Erdritterling (TRICHOLOMA TERREUM). An nur einer sehr kleinen Stelle wurde auf Moos unter Kiefern in 12 Exemplaren Formen des Gemeinen Rotfußröhrlings (XERCOMELLUS HYSENTERON) gesichtet, an einer Wegkreuzung im Gras fünf Edelreizker (LACTARIUS DELICIOSUS) sowie später noch ein einzelner Edelreizker im hohen Gras. In noch kleinerer Anzahl wurden Vertreter des Braunen Dachpilzes (PLUTEUS CERVINUS), des Rotbraunen Milchlings (LACTARIUS RUFUS), Gemeinen Riesenschirmlings (MACROLEPIOTA PROCERA), Kahlen Kremplings (PAXILLUS INVOLUTUS), zwei nicht genauer bestimmte Täublingsarten, drei Exemplare des  Purpurbraunen Heringstäubling (nach Dähncke-RUSSULA GRAVEOLENS), ein kleiner Butterpilz (SUILLUS LUTEUS) und sehr wenige Falsche Pfifferlinge (HYGROPHOROPSIS AURANTIACA), die teilweise schon sehr weich waren, aufgefunden. Eine Überraschung erlebte ich noch auf einer benachbarten Wiese. Neben älteren schon ausgestaubten, teils mit Wasser gefüllten Stäublingen stand dort noch ein 13,5 cm langer Hasen-Stäubling (BOVISTELLA UTRIFORMIS), der - innen noch völlig weiß und fest - essbar gewesen wäre (wer es paniert mag (Bild 6).

     


    Die Hallimasche, die nach meinem Empfinden hier in diesem Jahr weniger als sonst in Erscheinung getreten sind, waren heute in dem besuchten Areal ebenfalls nur spärlich anzutreffen, Bild 7 zeigt zwei alte Exemplare, von denen ich von Weitem zunächst annahm, sie gehören der Art Gemeiner Hallimasch (ARMILLARIA SOLIDIPES) an. Der Rote Rand ließ mich dann stutzen, auch der Stiel und die Lamellen passten nicht zum Hallimasch. Vermutlich ist es wieder ein alter Rötlicher Holzritterling. Bei alten sowie vom Regen „ausgewaschenen“ Pilzen ist ohnehin immer Vorsicht angesagt, da diese Pilze deutlich von den bekannten Ansichten abweichen können.

    Zu erwähnen sind noch zwei aufgefundene Maronenröhrlinge (ARMILLARIA SOLIDIPES) und wenige frisch gewachsene Fliegenpilze (AMANITA MUSCARIA), die in diesem Jahr im Anhaltischen Land um Dessau sehr spät erscheinen. Wie erhofft, traten neben den Fliegenpilzen zwei Pfefferpilze auf, die allerdings schon extrem regendurchfeuchtet waren (Bild 8).

    Ach ja, und da waren noch zwei 4 cm hohe Pilze mit kleinen, ockerbraunen Hüten Durchmesser (1,5 cm) und hohlen, leicht gerilltem Stiel (3 mm), an dem Faserreste erkennbar waren. (Bilder 9-1 und 9-2). Die Lamellen waren weitstehend und rosafarben. (Das Stilsegment in 9-1 ist etwas unscharf geraten.) Ich kenne diese schöne Art leider (noch) nicht.

    Für ein Mischpilzgericht wären somit heute (11.11.23) in zwei Stunden "bequem" 2 kg zusammengekommen. Aber auch ohne einen Verzehrhintergrund war die Fototour in diesem gepeinigten Landstrich interessant und die relativ hohe Pilzvielfalt überraschte, wenn auch große Überraschungen ausblieben. Möglich wurde diese Vielfalt durch die noch guten Regenmengen im Spätherbst dieses Jahres.

    Gruß Henry

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    Meine Fotos sind alle gemeinfrei und dürfen für persönliche Zwecke verwendet werden. Es gelten die üblichen Zitierregeln. Bei Weiterreichung bzw. Verwendung für kommerzielle und nichtkommerzielle Publikationen bedarf es einer persönlichen Abstimmung.

  • Am häufigsten war an Holzresten ein noch nicht bestimmter gelb-orangener Saprophyt zu beobachten (Hutdurchmesser 1 bis 4 cm, Wuchshöhe bis 4 cm, Lamellen gelb bis hellbraun, nicht unbedingt angenehmer Geruch und Geschmack (Bilder 2-1, 2-2 und 3).

    Boah, den hast du gekostet? Weißt du, was das theoretisch hätte sein können, wenn es dumm gelaufen wäre? Kleine braune Pilze mit silbernen Fasern am Stiel, die auf Holz wachsen (noch dazu Nadelholz!), darf man never ever kosten. Sorry, ich muss das so schreiben, damit es keiner von den Lesern nachmacht.

    Dein zuletzt gezeigter Pilz gehört zu den Lacktrichterlingen (Gattung Laccaria). Such da mal nach, du wirst bestimmt fündig.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

    2 Mal editiert, zuletzt von StephanW (14. November 2023 um 23:22)

  • Hallo Stephan, ich danke für den Hinweis, aber es steht nirgendwo, dass ich den gekostet habe, war mir suspekt. Die gelb-orangenen Massenpilze (Bilder 2) allerdings schon. Gruß Henry

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  • Hallo Henry

    Das, was Stephan schreibt, unterschreibe ich. Und ich hätte ebenfalls angenommen, dass Du gekostet hast, weil Du explizit auf den Geschmack referenzierst. Missverständnis?

    Beim ersten Pilz vergleiche Mal mit der Gattung Gymnopilus, ich vermute den Gemeinen Flämmling (Gymnopilus penetrans).

    Und eine kleine Korrektur: wenn der weiter unter einer der 3 gängigen Schwefelköpfe sein sollte, dann wäre der in der Geschmacksprobe mild-angenehm (Rauchblättrige), bitter (Ziegelrote) oder ekelhaft bitter (Grünblättrige), aber nie brennend scharf.

    Viele Grüße

    Reike

  • Hallo Reike, vielen Dank für Deine Hinweise. Das war sicher ein doppeltes Missverständnis, denn die braunen Pilze hatte ich nicht gekostet und auch nicht so beschrieben.

    "Ach ja, und da waren noch zwei 4 cm hohe Pilze mit kleinen, ockerbraunen Hüten Durchmesser (1,5 cm) und hohlen, leicht gerilltem Stiel (3 mm), an dem Faserreste erkennbar waren. (Bilder 9-1 und 9-2). Die Lamellen waren weitstehend und rosafarben. (Das Stilsegment in 9-1 ist etwas unscharf geraten.) Ich kenne diese schöne Art leider (noch) nicht."

    Stephan zitiert dabei aber die Stelle mit einem Zitat, bei der es um den kleinen gelb-orangenen Pilz (2er Bilder) geht. Das ist sicher kein Lacktrichterling. Zwar gibt es ockerfarbige Lacktrichterlinge (essbar), aber die Lamellen stehen viel weiter. Mit Lacktrichterling meinte er aber sicher den Pilz in Bild 9-1 und Bild 9-2, den ich aber noch nicht identifiziert habe.

    Mit dem Flämmling könntest Du richtig liegen. Ich will auch noch einmal an den Standort, an dem er massenhaft auftritt, aber leider regnet es hier derzeit sehr viel, was dem Aussehen der Hutköpfe schadet, wie auch im Bild mit den vermuteten Schwefelköpfen erkennbar ist. Ich glaube, der ziegelrote ist es nicht, Rauchblättrigkeit ist ebenfalls nicht zu erkennen. Am meisten erscheint derzeit hier der grünblättrige, der im Geschmack sehr bitter ist und im Alter braune Lamellen besitzt. Einen bitteren Eindruck hatte ich nicht im Mund, aber auch keinen angenehmen. Wir haben übrigens neulich mal einen Dreier-Geschmackstest gemacht. Die Richtung stimmte bei allen, aber die Intensität wurde von jedem anders wahrgenommen. Und dann gibt es auch noch Leute mit übersteigertem Geschmackssinn, wozu wir uns aber nicht zählen.

    Beste Grüße Henry


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  • He Henry

    Alles klar, danke für die teilweise Aufklärung.

    Ich denke, Du bist in Deinem ersten Post mit Deiner eigenen Zählweise durcheinander gekommen und hast uns mit verwirrt. T. rutilans ist bspw Bild 5, nicht Bild 4. Und was Du als möglichen Kandidaten für Schwefelköpfe mit der Referenz auf Bild 5 präsentierst, ist denke ich Bild 6 (und bereits Flämmlinge).

    Das nächste Mal achte bei unterschiedlichen Arten in einem Threads am besten unbedingt auf eine Nummerierung der Bilder. Sonst wird es für alle Recht anstrengend 😅

    Deine Funde sind trotzdem schön.

    Viele Grüße

    Reike

  • Sorry Reike, ein letztes Mal, ich bedaure, Euch irritiert zu haben, hatte erst weniger Bilder im Beitrag und habe dann noch eingefügt zu 2-1, 2-2, 9-1, 9-2. Das kann schon verwirren, ich kenne das aber von wissenschaftlichen Publikationen, wenn sich Bilder auf einen Schwerpunkt beziehen. Der rötliche Holzritterling war übrigens zweimal erwähnt. Bei den jetzigen Wetterbedingungen ist er aber von weitem oft nicht als solcher zu erkennen. Ich hatte die beiden in Bild 7 ja erst von Weitem für verwitterte Hallimaschs gehalten. Die tauchen jetzt in der Natur auch noch auf und sind schön anzusehen.




    Bei dem Lacktrichterling in den Bilder 9-1 und 9-2 tendiere ich jetzt zum Braunroten Lacktrichterling (LACCARIA PROXIMA). Es dürfte sich aber um ein kleines Exemplar handeln.

    Heute war der Tag der Ziegenlippe. Habe dazu nach ein paar Anmerkungen; wird aber erst frühestens morgen.

    Bis bald Henry

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  • Hallo Henry


    In deinem Anfangspost in der Nähe wo du "(Bild 8)" geschrieben hast, hast du beim Maronenröhrling den falschen wissenschaftlichen Namen angeführt! Sollte doch Imleria badia anstelle Armillaria solidipes heißen?;)

    Lg

    Austria

  • Hallo AustriaMyko, wo Du recht hast, hast Du recht. Ich sollte nicht mehr so spät viel arbeiten und insgesamt es ruhiger angehen. War in den letzten 14 Tagen vor dem ersten Frost im der kommenden Nacht jeden Tag im Wald und die Eindrücke waren sehr groß ob der großen Artenvielfalt besonder in den Eichenwäldern. Beste Grüße aus Anhalt Henry

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