Pilze sammeln und Naturschutz: Rote Listen, Verantwortungsarten und co.

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 2.010 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (19. Januar 2021 um 12:39) ist von huehnchen69.

  • Hi!

    Ich habe ein paar Fragen zum Pilze sammeln und Naturschutz.

    Zunächst mal ist mir immer noch die Rechtslage nicht ganz klar. Soweit ich weiß ist i.A. das Sammeln für den Eigenbedarf (also 1kg pro Person) außerhalb von ausgewiesenen Naturschutzgebieten erlaubt. Wie ist es aber mit besonders seltenen Arten? Haben die Roten Listen, oder die Liste der Verantwortungsarten eine rechtsverbindliche Bedeutung? Abgesehen vom rein rechtlichen Status - orientiert ihr selber euch an den Listen, wenn ihr Pilze sammelt? Was ist, wenn ich versehentlich einen besonders schonenswerten Pilz z.B. zur Bestimmung mitnehme? Und ergibt es vielleicht Sinn, den seltenen Arten gezielt bei der (Wieder-)Verbreitung zu helfen, z.B. indem wir reife Fruchtkörper an einer günstigen Stelle im Wald platzieren?

    KopfPilz

  • Hi.

    Die Pilze, die in DE gar nicht gesammelt werden dürfen findest du hier. Und ja, ich halte mich da dran, dass ich die genannten nicht zu Speisezwecken sammle, sofern sie überhaupt Speisepilze sind. Fällt mir aber auch nicht schwer, abgesehen vom Grünling und einigen Saftlingen habe ich noch keinen davon finden können.

    LG.

    Keine Verzehrfreigaben meinerseits.

  • Hallo KopfPilz,

    überall anders, wie Uwe das schreibt, gilt für unsere Nachbarländer. In Deutschland gilt die Bundesartenschutzverordnung und die erlaubt das Sammeln zum Eigenbedarf, der aber ist nicht definiert.

    Und ergibt es vielleicht Sinn, den seltenen Arten gezielt bei der (Wieder-)Verbreitung zu helfen, z.B. indem wir reife Fruchtkörper an einer günstigen Stelle im Wald platzieren?

    Das macht wenig Sinn, denn man weiß nicht, welche konkreten Bedingungen der Pilz zum Fruktifizieren braucht. Sinn macht, diese Pilze stehen zulassen.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Hi,

    erstmal danke an alle für eure Antworten.

    Die Pilze, die in DE gar nicht gesammelt werden dürfen findest du hier.

    Hier verstehe ich die zweite Liste nicht ganz. Da steht ja, dass Steinpilz, Morcheln und ein paar weitere Arten für den Eigenbedarf entnommen werden dürfen. Andere Speisepilzarten, z.B. Reizker, Parasol und Egerlinge werden aber nicht aufgeführt. Was ist also mit den Arten, die hier nicht aufgeführt sind? Dürfen die dann (zumindest theoretisch) in beliebiger Menge entnommen werden?

    Das ist überall anders. Bei uns darf man für den Eigenbedarf sammeln.

    Ja, das hätte ich vielleicht vorher präzisieren sollen. Meine Frage bezog sich vor allem auf DE, allerdings bin ich durchaus auch an Regelungen anderer europäischer Länder interessiert, falls da jemand Infos zu hat. Vor allem Belgien würde mich persönlich interessieren.

    Das macht wenig Sinn, denn man weiß nicht, welche konkreten Bedingungen der Pilz zum Fruktifizieren braucht. Sinn macht, diese Pilze stehen zulassen.

    Okay, war vielleicht mehr so eine Schnapsidee...

    Meine Eingangsfrage über die Listen hat ja bislang noch niemand beantwortet. Verstehe ich das also richtig, dass die Roten Listen und die Liste der Verantwortungsarten für den Sammler keinerlei rechtliche Bedeutung haben, sondern als Leitfaden dienen welche Pilze besonders selten und daher nach eigenem Ermessen zu schonen sind?

    Grüße,

    KopfPilz


    PS: Bitte entschuldigt, wenn meine Antworten manchmal etwas länger dauern. Wenn ich eine Frage stelle, dann schaue ich mir eure Antworten auf jeden Fall immer sofort an, nehme mir aber oft ein bisschen mehr Zeit um eine Antwort zu formulieren.

  • Meine Eingangsfrage über die Listen hat ja bislang noch niemand beantwortet. Verstehe ich das also richtig, dass die Roten Listen und die Liste der Verantwortungsarten für den Sammler keinerlei rechtliche Bedeutung haben, sondern als Leitfaden dienen welche Pilze besonders selten und daher nach eigenem Ermessen zu schonen sind?

    Die sind unter anderem die Grundlage dafür, dass eventuell auch gesetzliche Sammelverbote folgen könnten. Bei Pilzen ist ja das Problem, dass die vlt. manchmal gar nicht so selten sind aber vlt. nicht so häufig fruktifizieren. Ansonsten gilt ja ohnehin, dass Habitatschutz der sinnvollste Pilzschutz ist. Seltene Arten sind meistens selten, weil geeignete Habitate rar werden. Wenn Pilze dann auf der Roten Liste einsortiert werden, hat man als Naturschützer bessere Argumente konkrete Erschließungspläne zu beanstanden.

    Hier verstehe ich die zweite Liste nicht ganz. Da steht ja, dass Steinpilz, Morcheln und ein paar weitere Arten für den Eigenbedarf entnommen werden dürfen. Andere Speisepilzarten, z.B. Reizker, Parasol und Egerlinge werden aber nicht aufgeführt. Was ist also mit den Arten, die hier nicht aufgeführt sind? Dürfen die dann (zumindest theoretisch) in beliebiger Menge entnommen werden?

    Geringe Mengen für den persönlichen Bedarf bezieht sich sowohl auf die geschützten (aber sammelbaren) Arten als auch auf ungeschützte, also kann man von den nicht erwähnten Arten nicht grenzenlos sammeln. Im sächsischen Waldgesetz wäre das unter §14 zu finden, in den anderen Bundesländern wird es ähnliche Aussagen geben:

    Zitat

    (1) Wild wachsende Blumen, Gräser und Farne können für den persönlichen Bedarf (Handstrauß) entnommen werden. Entsprechendes gilt für das Entnehmen von Leseholz, Pilzen, Kräutern, Moosen, Beeren und anderen Wildfrüchten. Die Entnahme hat pfleglich zu erfolgen.

    Eigenbedarf ist dabei ein unbestimmter Rechtsbegriff. 1kg gilt fast überall als unproblematisch. 2kg sollte überall die Höchstgrenze sein, sofern überhaupt erlaubt. Da müsste man dann konkret bei der unteren Naturschutzbehörde nachfragen wie es vor Ort gehandhabt wird.

    LG.

    Keine Verzehrfreigaben meinerseits.

  • Hallo KopfPilz,

    Hier verstehe ich die zweite Liste nicht ganz. Da steht ja, dass Steinpilz, Morcheln und ein paar weitere Arten für den Eigenbedarf entnommen werden dürfen. Andere Speisepilzarten, z.B. Reizker, Parasol und Egerlinge werden aber nicht aufgeführt. Was ist also mit den Arten, die hier nicht aufgeführt sind? Dürfen die dann (zumindest theoretisch) in beliebiger Menge entnommen werden?

    Nein. Das mit der pfleglichen Entnahme in geringem Umfang für den persönlichen Bedarf ist eine allgemeine Vorschrift, die im Bundesnaturschutzgesetz (unten aus dem §39) und diversen Länder-Waldverodnungen vorkommen.

    (3) Jeder darf abweichend von Absatz 1 Nummer 2 wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen.

    Wieso es für die besonders geschützten Pilze ein paar gibt, deren Ausnahme bedeutet, dass sie dann eigentlich einfach unter die normale Regelung fallen, verstehe ich auch nicht. Ich denke, die hätte man bei der Geschützt-Liste auch einfach weglassen können.

    Nach meinem Verständnis gibt es nicht wirklich eine nennenswerte Korrelation zwischen den geschützten Arten und der Roten Liste. Keine Ahnung, ob es die mal gab, als die geschützten Arten ersonnen wurden, oder woher die überhaupt kommen. Bei manchen Arten scheint es ja nachvollziehbar, bei anderen rätselhaft.

    Das hier

    Und ergibt es vielleicht Sinn, den seltenen Arten gezielt bei der (Wieder-)Verbreitung zu helfen, z.B. indem wir reife Fruchtkörper an einer günstigen Stelle im Wald platzieren?

    finde ich nicht so eine Schnapsidee. Naja, falls es darum ginge, einen Pilz extra vom Standort zu entfernen, um ihn irgendwo anders hinzubringen, dann schon. Da stimme ich Uwe58 zu - der vorhandene Standort scheint sich ja schon mal bewährt zu haben, die größte Chance auf ähnlich attraktive Bedingungen hat der Pilz wohl eher dort in der Nähe, als an irgendeinem Standort, den man als Unkundige*r auswählt.

    Was ich allerdings regelmäßig mache: Wenn ich einen Pilz finde, untersuche, bestimme, einen entnehme, um ein Foto auch von der Unterseite machen zu können, usw., und es ein Pilz ist, den ich nicht mit nach Hause nehmen möchte, und der obendrein vielleicht in der Gegend nicht so verbreitet ist, dann platziere ich den Pilz in Fundortnähe irgendwo auf einem Ast etwas weiter oben, damit die Sporen besser fliegen können.

    Beste Grüße

    Sabine