Woher weiß eine Spore, dass sie richtig ist?

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 1.526 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (18. Januar 2021 um 21:15) ist von ReikeT.

  • Hallo Pilzfreunde

    Ich frage mich zunehmend, woher einer Spore eigentlich weiß, dass sie richtig ist.

    Wenn Sporen ihren Heimat-Fruchtkörper verlassen, begeben sie sich auf eine Reise. Die kann kurz oder lang sein. Im Wasser enden, auf Tierfell, auf Blättern, auf Stein, in Atmungswegen von Säugertieren, auf der Erde, auf Holz etc.

    Daraus ergeben sich für mich 2 Fragen:

    1. Woher weiß eine Spore, dass sie beginnen soll, zu keimen (vielleicht nicht der korrekte Begriff)? Oder beginnt sie ihren Versuch nach Anheftung und Keimung schon sofort in den Moment, in dem sie losfliegt?

    2. Wie erkennt eine Spore in ihrem Versuch zu "keimen", dass sie dies auf einer geeigneten Unterlage tut (richtige Wirtsbaumart, richtige Bodenverhältnisse, etc.)?

    Ich versuche, mir das vorzustellen, komme aber nicht weiter und Google hat mir bisher auch noch nicht die Augen geöffnet. Vielleicht sind diese Fragen zu speziell, oder noch nicht erforscht?

    Ich stelle mir bspw. Mykorrhiza-Pilze vor. Da landet eine Spore auf dem Boden, keimt, wächst, bildet einen Myzel Teppich, kommt mit Wurzeln von Bäumen in Berührung, und dann.. dann muss es ja irgendwie passieren. Ich weiß, da gibt es verschiedene Wege der Anheftung.. einige Pilze bleiben an der Oberfläche der Wurzeln, andere dringen ein etc. Aber woran erkennt der Pilz, dass er an der richtigen Adresse geklopft hat? Passiert da auf Enzymebene ein Kompatibilitätstest? Irgendwie muss ja gegenseitig der Artenname gescheckt werden, wenn ihr wisst, was ich meine.

    Ich freue mich, wenn ihr mir hierzu Input geben könnt. Danke vorab.

    Reike

    PS: in dem Zusammenhang möchte ich Euch noch auf einen schönen anderen Thread zum Thema Sporenflug aufmerksamen machen Video vom Sporenflug bei Nacht

    Einmal editiert, zuletzt von ReikeT (18. Januar 2021 um 20:49) aus folgendem Grund: Typo

  • Hallo Reike!


    also das ist eine sehr gute und spannende Frage!


    vorausgeschickt sei, dass ich hier rein nur mein Gefühl, wie die Natur so funktioniert darstellen kann und nichts davon mit Daten belegen kann. Ich hoffe der eine, oder andere hier kann dazu noch was beisteuern.

    Also das Prinzip der Vermehrung bei den Pilzen ist ja eher Quantität vor Qualität. Soll heißen die Spore nimmt nur das aller Notwendigste auf die Reise mit. Der Pilz verzichtet somit komplett auf massenhaft mitgelieferte Nährstoffe( wie bei Nüssen,...) oder mechanisch ausgefeilten Vorrichtungen, wie z.b. beim Gewöhnlichen Reiherschnabel( wer’s nicht kennt, mal auf Youtube suchen, toll!), die es dem Samen erlauben mit viel größerer Wahrscheinlichkeit Fuß zu fassen.


    Bei den Pilzen ist der Wind für die Verbreitung ausreichend, da die Sporen eben so Klein und leicht sind. So werden sie über weite Strecken, aber ungerichtet verteilt.
    Manchmal wird der „Wind“ auch von Fruchtkörper selber erzeugt( irre, oder?) z.b. hab ich das von G. Applanatum so gehört. Das macht er offenbar dadurch, dass er die Hutunterseite erwärmen kann und so Aufwind erzeugt.


    und jetzt sind die Sporen unterwegs und haben darauf keinen Einfluss, wo sie landen. Wenn sie wo gelandet sind, haben sie sicherlich Rezeptoren die ihnen etwas über die Umgebung verraten. Also z.b. Feuchtegrad außen, Temperatur, mitunter auch chemische Zusammensetzung der Umgebung. Ich denke nicht, dass es dazu viele Daten geben wird( ich hoffe es aber...) da ich mir den Versuchsaufbau, das zu untersuchen schwierig vorstelle. Dass es solche Mechanismen gibt, davon gehe ich aber schon aus, denn die Natur ist meist viel raffinierter und komplexer, als man sich das so vorstellt.

    also wenn die groben Kriterien passen geht die Keimung los. Die allermeisten Sporen werden sich jedoch nicht festsetzen können, da der Ort doch falsch war z.b. Steinoberfläche, etc.

    Diejenigen die es geschafft haben werden so leider auch nie einen Fruchtkörper oder erneut Sporen bilden können, da sie für die Fruktifikation ein zweites Mycel der selben Art benötigen um dann meiotisch Sporen bilden zu können. Diese beiden wachsen ineinander und verschmelzen erst direkt bei der Sporenbildung miteinander.


    Der Weg ist also recht steinig und nicht sehr wahrscheinlich. Ausgeglichen wird das Ganze eben über die Masse der Sporen, die gebildet werden.

    Ob nun auch der Baum bei Mykorrhiza Pilzen merkt, welcher Pilz da anklopft ist schon wahrscheinlich. Oder die Pilzpartner lösen keine Abwehrreaktionen beim Baum aus und können somit einwachsen.

    In diesem Feld wird es unzählige Strategien geben. Die Natur ist eben sehr bunt. Gut so!


    Liebe Grüße!

    Alex

    Wie bei den Pilzen generell, so sind auch meine Angaben grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen!

    Ich bin kein Pilzexperte, nur ein mykologisch interessierter Laie!

    Offizielle Freigaben kann es nur beim Pilzsachverständigen vor Ort geben!

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!

    Die Sporen werden schon auch durch äußere Umstände zur Keimung engeregt. Also insbesondere Feuchtigkeit der Umgebung und Temperatur dürften dabei eine Rolle spielen. Damit sich eine auskeimende Sporen zu einem Primärmycel (einkernig) entwickeln kann, braucht es dann aber weitere Faktoren, wie zB ein geeignetes Nahrungsangebot. Auch einkernige Mycelien sind bei günstigen Bedingungen erstmal eine ganze Zeit lang lebensfähig. Bisweilen können die sogar schon fruchtkörper bilden, ohne ein "Partnermycel" gefunden zu haben.


    Auch Mykorrhizapilze sind erstmal nicht zwingend darauf angewiesen, sofort einen geeigneten Baum zu finden. Den brauchen sie erst als zweikerniges Mycel, um Fruchtkörper bilden zu können. Die Primärmycelien von Mykorrhizapilzen können sich durchaus erstmal einige Zeit saprob ernähren und wachsen.

    Den Kontakt zu einer Pflanze (Mykorrhizapartner) stellen die Mycelien chemisch her. Da läuft also eine Kommunikation zwischen Pilz und Baum (oder Orchidee, Gras, Staude, Alge oder was auch immer) ab, wird wohl wie generell in solchen Fällen enzymgesteiert sein (Bäume und Pilze geben Enzyme in die Umgebung ab beim Wachstum, reagieren auf die Enzyme potentieller Partner und "wachsen aufeinander zu".
    Ob ein Pilz und eine pflanze zusammenpassen, dürfte sich dann über die Zusammensetzung dieser chemischen Cocktails entscheiden. Da gibt's halt hochspezialisierte Pilze, die nur bei ganz bestimmten Pflanzen andocken können, und auch solche, die absolut nicht wählerisch sind.

    Wenn man sich einen einigermaßen gesunden Wald vorstellt: Milliarden von Pilzsporen benetzen jedes Jahr jeden Quadratmeter Waldboden, der aber zugleich schon mit Millionen von Mycelien (Primär- und Sekundärmycelien) bevölkert ist. Da tobt also regelrecht das Leben, alles ist ständigem Wandel unterworfen und entwickelt sich. Die meisten Bäume in dem Waldstück haben ihre Wurzeln allerdings schon quasi mit mykorrhiza gesättigt, da kann demnach nichts mehr andocken. Darum braucht es junge Bäume, Schößlinge, deren Wurzeln noch nicht gesättigt sind, bzw. deren feinwurzelnetz sich noch im Ausbau befindet und darum nach möglichst vielen (auch unterschiedlichen!) neuen mykorrhizapilzen sucht.
    ideal für einen Pilz ist es dann natürlich, sich möglichst mit mehreren Organismen zu vernetzen, also bei mehreren Bäumen gleichzeitig anzudocken. Weil der Pilz dann weiter leben kann, auch wenn einer dieser Partner stirbt und wegfällt.

    Puh, mir fielen da auch noch so viele Fragen ein, wo ich selbst gerne eine Antwort drauf hätte...


    LG; Pablo.

    Das Internet ist "Hilfe zur Selbsthilfe" und kann nur Vorschläge zu Bestimmung von Pilzen bieten. Eine Verzehrfreigabe ist online nicht möglich, die gibt's beim >Pilzsachverständigen<.

  • Abnd

    Ich danke Euch beiden sehr, dass Ihr Eure Gedanken mit mir/uns teilt.

    Alex, so stelle ich mir das auch vor. Ich wusste noch nicht, dass ein Myzel anfangs einkernig ist und auf ein Myzel der selben Art stoßen muss für die Vereinigung zu zweikernigem Myzel. Da habe ich war gelernt.

    Pablo, die Vorstellung, dass einerseits Myzel wie bereits einkerniges Mykorrhiza-Myzel und auch Baumwurzeln andererseits proaktiv auf gut Glück Enzymbotschaften in die Umgebung senden und so ein Aufeinanderzuwachsen ermöglichen, ist sehr spannend.

    Ich hab neulich in einem Vortrag gehört, dass rund ein Drittel der Photosyntheseprodukte in Buchenwäldern an Pilze verdealt wird. Die stofflichen Austauschprozesse im Wald feier ich. Ein kleines bisschen Forschung gibt's ja dazu durchaus, auch wenn es sicher noch irre viel zu lernen gibt. Wie Du sagst, Alex, oftmals ist der Versuchsaufbau sicher schwer zu händeln.

    Viele Grüße

    Reike