Invasive Pilzarten?

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 1.372 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (25. Juli 2023 um 13:47) ist von Fuddler.

  • Hallo Pilzfreunde,

    warum hört man so oft von problematischen invasiven Tier- und Pflanzenarten, aber nie von invasiven Pilzarten :/

    Es gibt ja z.B. den Tintenfischpilz, aber Schwierigkeiten macht der ja nicht.

    Warum gibt es keine Probleme mit invasiven Pilzen wie Verdrängung einheimischer Arten usw.?

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Davon hört man sehr wohl, Stichwort Eschentriebsterben.

    Ok, das wusste ich nicht, danke für den Link.

    Aber so Pilze mit Hut und Stiel oder Baumpilze also mit großen Fruchtkörpern?

    Und auch im obenstehenden Fall ist es so, dass der Pilz eine Baumart verstärkt befällt. Das ist ein anders gelagerter Fall als ein Tier oder Pflanze, die sich zu stark vermehrt und eventuell sogar einheimische Arten verdrängt und sich immer weiter ausbreitet.

    Beispiel: Spanische Wegschnecke, Japanischer Staudenknöterich.

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • warum hört man so oft von problematischen invasiven Tier- und Pflanzenarten, aber nie von invasiven Pilzarten :/

    Wahrscheinlich weil es die nicht gibt. Also ich meine einwandernde Pilzarten, die als invasiv zu bezeichnen wären, weil sie heimische Arten verdrängen würden. Zumindest habe ich noch nie davon gehört, dass eine einheimische Pilzart durch eine invasive Pilzart verdrängt worden wäre. Bei Tieren kommt dies dagegen immer wieder vor.

    Was es natürlich schon gibt, ist dass sich Pilzarten ausbreiten. Bei uns in Hohenlohe ist das z. B. der Satanspilz, der an immer mehr Stellen aufploppt und schon kaum mehr als selten zu bezeichnen ist. Auch die Sommertrüffel ist nicht mehr wirklich selten, ich habe Jahr für Jahr mehr Fundstellen.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

  • Wahrscheinlich weil es die nicht gibt. Also ich meine einwandernde Pilzarten, die als invasiv zu bezeichnen wären, weil sie heimische Arten verdrängen würden. Zumindest habe ich noch nie davon gehört, dass eine einheimische Pilzart durch eine invasive Pilzart verdrängt worden wäre. Bei Tieren kommt dies dagegen immer wieder vor.

    Das denke ich auch, dass es das nicht gibt. Meine Frage ist warum nicht? Warum sind Pilze hier anders als Pflanzen und Tiere.

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Eingeschleppte Pilze in der Schweiz

    hier steht die Verteilung von Saprophyten, Parasiten und Symbionten unter den Neomyceten. am seltensten sind die Letzteren. klar, da sie die höchsten Ansprüche bzgl Habitat haben, ist es unwahrscheinlicher, dass sie im Richtigen landen. allerdings weiß ich die "normale" Verteilung der Einheimischen nicht, das wird wohl Ähnlichkeiten aufweisen.

    wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, lautet deine Frage "Wieso bekämpfen sich Pilzmyzele von Exosymbionten nicht bis zur Ausrottung?"

    das ist interessant, kann leider nur mutmaßen.

    ich denk mal schon, dass die in Konkurrenz stehen und wir kriegen es nicht mit, da unterirdisch. oder es ist ein so schleichender Prozess, dass es noch niemand beobachtet hat außerhalb von Petrischalen. aber am Ende des Tages ist es eben vorteilhafter die Energie auf Sporen zu richten und so fürs Erschließen neuer Standorte/Symbiosepartner zu sorgen. schließlich können sich ja Standortbedingungen auch mal drastisch ändern und Symbiosepartner durch Brand/Sturm/Schneebruch/Dürre/Staunässe/Lichtmangel/Insekten/Pilze/Specht etc eingehen. sprich die Lebensversicherung ist wichtiger als der Krieg um Standorte.

    wenn man mal schaut, wieviele verschiedene Arten von Fruchtkörpern übers Jahr verteilt auf kleiner Fläche vorkommen, und wieviele Symbiosen ein Baum dementsprechend eingehen kann, dann gibt es ja definitiv eine Koexistenz, auch wenn es vllt nicht völlig friedlich abläuft.

    aber ich bin mir sicher mit Myzelinteraktionen kennen sich hier einige aus und können nochmal einige Grundsätze erläutern oder Beispiele nennen.

    hier noch was zur Ausbreitung von Pilzarten bei Änderungen der Standortbedingungen:

    Pilzarten und ihre pflanzlichen Wirte im Klimawandel - ESKP

  • "Wieso bekämpfen sich Pilzmyzele von Exosymbionten nicht bis zur Ausrottung?"

    Nicht nur Symbionten, auch Folgezersetzern. Warum kommt nicht ein Pilz, der Laub zersetzt und macht alle anderen platt, zumindest stellenweise.

    Meine Theorie ist, dass die Verbreitungsweise über Sporen damit zusammenhängt. Da sich die Sporen über die Luft verbreiten, sind quasi alle Pilz theoretisch sowieso überall. Bei uns gibt es ja Pilzsporen aus dem Amazonas. Nicht viele, aber sie sind da. Wenn ein Pilz hier einen großen Verbreitungsvorteil hätte, wäre er längst hier.

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • ich denk eher, dass der Energieverbrauch allgemein nicht gerechtfertigt ist. und ein Zersetzer hätte ja noch weniger Grund, gegen Exosymbionten Krieg zu führen, da sie andere Nischen besetzen.

    selbst der größte Pilz/Hallimasch der Welt lässt ja noch einiges an Konkurrenz zu und macht sich zwar auf einem Großteil der Fläche breit, aber eben nicht komplett. und die Zersetzer mit dem größten Potential sich invasiv auszubreiten bilden ja durch die Bank auch spezielle, verdickte Myzelstränge namens Rhizomorphen. auch einige Exosymbionten können das. das englische Wiki ist etwas umfangreicher:

    Mycelial cord - Wikipedia

    hier ein schönes Bild von serpula lacrimans, wie es sich während des Zersetzens des Türstocks neue Substrate sucht:

    Serpula_lacrymans_(mycelial_cords_emanating_from_door).jpg

    glaub spätestens so eine wurzelartige Struktur ist schwer aufzuhalten, wenn sie sich durch ein feineres Myzel durchschiebt. der springende Punkt aber: es wär dämlich mit dem Weiterkriechen aufzuhören, bevor der Pilz ein Substrat gefunden hat. das begrenzt Konkurrenz zwischen Symbionten und Zersetzern vermutlich auf ein Minimum. da man auch öfters verschiedene Zersetzer an einem Substrat findet, könnte man schlussfolgern, dass die auch eher mit Zersetzen und Erschließen neuer Substrate über Sporen und Rhizomorphe beschäftigt sind, als zuviel Energie in Konkurrenzkampf zu investieren.

    noch ein genereller Punkt: Pilze haben ja nur Fruchtkörper in ihrem zweikernigen Zustand, wenn ich das richtig verstanden habe. deshalb ist der Bezug auf die Fruchtkörper nicht unbedingt ideal, da man nur ein Entwicklungsstadium betrachtet. wenn es Konkurrenz gibt, wäre diese sinnvollerweise schon in früheren Stadien, damit die Myzelien überhaupt die Chance erhalten, zu verschmelzen. Hierzu zwei Links, erst ne sehr einfache Folie, dann ein 3 Seiten Preview aus einem etwas detaillierteren Werk:

    Fortpflanzung der Pilze

    Thieme E-Books & E-Journals

  • hier ein schönes Bild von serpula lacrimans, wie es sich während des Zersetzens des Türstocks neue Substrate sucht:

    Serpula_lacrymans_(mycelial_cords_emanating_from_door).jpg

    Auweiowei... =O

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Hallo Mister,

    invasive Pilzarten scheint es doch zu geben. Die sogenannte "Falsche Rotkappe" (Boletus projektellus), siehe Link-Boletus_36_0085-0092.pdf.

    breitet sich in Brandenburg massiv aus. Ich habe gehört, dass dieser Pilz in manchen Gegenden die Maronen verdrängen soll.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Es gibt viele invasive Pilzarten, die Probleme verursachen. Hier sind einige Beispiele. Asiatische Laubholznematode: Dieser Nematode wurde aus Asien eingeführt und hat sich in Europa und Nordamerika ausgebreitet. Er befällt Bäume und kann zum Absterben der Bäume führen. Eschentriebsterben-Pilz: Dieser Pilz wurde aus Asien eingeführt und hat sich in Europa ausgebreitet. Er befällt Eschen und kann zum Absterben der Bäume führen.

  • Die sogenannte "Falsche Rotkappe" (Boletus projektellus), siehe Link-Boletus_36_0085-0092.pdf.

    breitet sich in Brandenburg massiv aus. Ich habe gehört, dass dieser Pilz in manchen Gegenden die Maronen verdrängen soll.

    =O

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Es gibt viele invasive Pilzarten, die Probleme verursachen. Hier sind einige Beispiele. Asiatische Laubholznematode: Dieser Nematode wurde aus Asien eingeführt und hat sich in Europa und Nordamerika ausgebreitet. Er befällt Bäume und kann zum Absterben der Bäume führen. Eschentriebsterben-Pilz: Dieser Pilz wurde aus Asien eingeführt und hat sich in Europa ausgebreitet. Er befällt Eschen und kann zum Absterben der Bäume führen.

    Nematoden sind aber keine Pilze, sondern eben Nematoden 😉.


    zur Frage der Konkurrenz: Erstens sind Arten mehr oder weniger spezialisiert (eingenischt), zweitens wäre ein radikales bekämpfen von Nachteil, weil ich damit auch die Konkurrenz meiner Konkurrenz ausschalte. Das gilt sowohl Inter- als auch intraspezifisch.

    Wenn also innerhalb derselben Nische konkurriert wird, kann sich eine Art uU gegen eine andere durchsetzen und diese verdrängen. Aber das sollte nicht der Regelfall sein.