Versuch an Filzröhrlingen

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 702 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (9. September 2023 um 14:15) ist von KaMaMa.

  • Hallo, liebe Pilzgemeinde!

    Heute konnte ich im Wald fast nur Filzröhlinge finden, und ich habe mich in deren Bestimmung versucht.

    Da ich das noch nicht oft gemacht habe und mir die Erfahrung fehlt, würde ich meine Bestimmungsversuche gerne von euch gegenprüfen lassen.

    Bild 0 Ein Wald am mittleren Neckar, Boden kalkhaltig

    In ebendiesem Eichen-Rotbuchen-Hainbuchen-Mischwald mit unterstreuten Edelhölzern und Nadelbäumen wie Lärchen, Kiefern, Fichtren Douglasien etc. fand ich also u.a. folgenen Filzröhrling:

    Bild A1: Hut dunkel geschuppt, dazwischen weißlich aufreißende Bänder ohne Rötungen; Fraßstelle am Hut rot

    Bild A2 Stiel ohne Netz

    Bild A3 Stiel Hutnahe mit rotem Band, darunter ohne Rötfärbung, sondern gelblich bis bräunlich

    Zuhause nochmal im Sonnenlicht

    Bild A4 Huthaut aufgerissen mit weißlichen Zwischenräumen, Fraßstelle rot

    Bild A5 Röhren blauend, Stiel düster braun, nur oberstes Ende rot

    Bild A6 Stielfleisch rötend, Hutfleisch und Röhren blauend - Fraßgänge auch im Hut rötend

    Bild A7 Braun-weiß gefelderte Huthaut ohne Rottöne

    Bild A8 Poren bis knapp 1mm in Durchmesser

    Die Düstere Stielfarbe in Verbindung mit den großen Poren (bis 1mm), der rötende Stiel, das blauende Hutfleisch führen mich zum Düsteren Filzröhrling, Xerocomellus porosporus.

    Aber kann das sein?

    Dieser Röhrling soll auffällige Sporen haben, deren oberes Ende abgestutzt (Keimporus) sein soll.

    Aus diesem Grunde habe ich ein Quetschpräparat der Röhren gemacht und die Sporen inspiziert.

    Ich habe noch nicht sehr viele Röhrlingssporen mikroskopiert, aber diese Sporen wirken auf mich tatsächlich einseitig etwas abgestutzt.

    Liege ich mit X. porosporus hier richtig?

    Die roten Fraßstellen am Hut irritieren mich allerdings.

    Mittlerweile meine ich in Bild A2 Rottöne zu erkennen, dann wäre es wohl doch eine andere Pilzart.

    Bestimmt kann man den Pilz schon makroskopisch ansprechen!

    Bild A9 Die zugehörigen Sporen sind am oberen Ende abgestutzt.

    Einen Keimporus wie z.B. bei Tintlingen erkenne ich nicht, allerdings wirkt die dicke Sporenwand dort dünner.


    Neben den Filzröhrlingen mit der weiß-rissigen Huthaut (Bilder A) konnte ich zwei weitere Arten mit deutlich rötlich-rissiger Huthaut finden:

    Den Gemeinen Rotfußröhrling, X. chrysenteron - zumindest, was ich dafür halte:

    Deutlich riter Stiel über fast die gesamte Länge, rötlich-rissiger Hut, Stielfleisch rötend, kein Blauen zu beobachten - nicht an den Röhren, nicht im Querschnitt.

    Bild B1 Rotfußröhrlinge mit rötlich gefeldertem Hut und rotem Stiel

    Bild B2 Huthaut rötlich

    Bild B3 Röhrenschicht und Stiel

    Bild B4 Hutfleisch ist unter Huthaut in dünner Schicht rot

    Bild B5 Stielfleisch rötend, Hut ohne Reaktion. Kein Blauen am Hut-Stiel-Übergang. Den Maden schmeckt's jedenfalls!


    Dieser dritte Filzröhrling sollte der Starkblauende Rotfußröhrling, X. cisalpinus, sein, da er u.a. im Stiel stark blaut:

    Bild C1: rötlich gefelderte Huthaut

    Bild C2 Roter Stiel

    Bild C3 Stark blauende Röhren

    Bild C4 Stielfleisch stark blauend, Hutfleisch leicht blauend; Fraßstellen in Stiel und Hut, sowie Stielbasis röten.

    Es irritiert mich, dass die Fraßstellen von Schnecken und Maden so stark rot reagieren.

    Womöglich liege ich ja völlig daneben.

    Jetzt bin ich mal gespannt, ob das so sein kann, wie ich vermute.

    Über Kommentare würde ich mich sehr freuen!

    LG, Martin

  • Hallo Martin

    Auch von meiner Seite ein grosses Lob zu dieser schönen Dokumentation. :thumbup:

    LG

    Benjamin

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrsfreigaben meinerseits. Eine sichere Bestimmung sowie Verzehrsfreigabe kann nur der Pilzkontrolleur bzw. Pilzsachverständige vor Ort geben.

  • Aber dass du im mittleren Neckarraum momentan überhaupt etwas findest, ist schon sensationell. Ich werde am Sonntag vielleicht mal in den Schwäbischen Wald bei Gmünd fahren, da soll die Feuchtigkeitsversorgung noch so einigermaßen sein. Bei mir dagegen (Hohenloher Ebene) ist pilzlich gesehen ziemlich tote Hose.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.

  • Hallo Stephan,

    auch hier IST tote Hose!

    Ich musste eine ganze Weile durch den Wald, bis mir die paar Filzröhrlinge ins Auge stießen.

    Viele waren es nicht.

    Allerdings nehme ich mit, was ich finde, egal ob Ascomyceten, Myxomyceten, Flechten, ... - aber nur in Kleinstmengen, versteht sich!

    Was ich nicht kenne, wird gerne genauer beäugt.

    Das erhöht die Auswahl beträchtlich - ich gehe ja nicht zum Essenholen in den Wald. :)

    Außer einigen Porlingen, Rindenpilzen und besagten Filzröhrlingen waren nur noch Erdwachsendes Stummelfüßchen (Crepidotus autochthonus) und ein paar kleine Kartoffelboviste (S. verrucosum) zu sehen.

    Nächste Woche soll es vielleicht wieder mal regnen.

    Es kann nur besser werden!

    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    eine wie ich meine supertolle Dokumentation. Ich habe das so das erste Mal gesehen. Klasse und die folglich richtig Bestimmung beeindruckt mich sehr. Danke dafür.


    Liebe Grüße


    Murmel

    Liebe Grüße

    Murmelchen

    Von mir gibts hier im Forum auch keine Verzehrfreigabe.

  • Hallo Murmel,

    jetzt beschämst du mich aber...:blush:

    Das machen andere meiner Meinung nach zwar viel besser, aber ich freue mich natürlich sehr über die Blumen!

    Vielen lieben Dank!

    LG, Martin

    P.S.

    Jetzt, wo ich darüber nachdenke, vielleicht liegt es daran:

    Ich versuche, die im Text erwähnten, bestimmungsrelevanten Details in einem Bild zu dokumentieren, bzw. umgedreht zu den Fotos dazuzuschreiben, was zu sehen ist und meiner Meinung nach wichtig für die Bestimmung sein könnte.

    Das macht den Bestimmungsversuch / die Bestimmung für den Leser, wie ich denke, nachvollziehbar.

    Zumindest nachvollziehbarer, als eine ellenlange Auflistung der gefundenen, mehr oder minder abstrakten Eigenschaften und die Fotos weit ab vom Text gesammelt.

    Es stört an manchem sonst sehr guten Bericht, wenn zwischen Text und Bild hin- und hergescrollt werden muss, um die Aussage im Foto bestätigt zu finden.