Drei Wackelkandidaten

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 4.958 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (5. März 2018 um 16:56) ist von Wolfgang Schäfer.

  • Liebe Pilzfreunde,

    da sich wahrscheinlich außer Alex kaum jemand in die Eiseskälte hinauswagt, möchte ich gerne noch einige meiner Wackelkandidaten vorstellen, die sich über eine Bestimmung sehr freuen würden. Leider habe ich mir die Merkmale nur unvollständig gemerkt.

    Nr. 1 (14.10.11)
    Laubwald (mit eingestreuten Kiefern) im östlichen Landkreis Rottal-Inn; Hutbreite 6-10 cm; Hutfleisch orangebrot, dünn und nass; alte Hüte dunkelbraun und radial eingerissen

    Nr. 2 (06.11.11)
    Fichtenwald im Rottal, Hutbreite 5-6 cm

    Nr. 3 (03.11.12)
    Kalkhaltiger Buchenwald im Unteren Inntal, Hutbreite bis 8 cm

    Ich würde mich sehr freuen über zahlreiche Bestimmungsvorschläge. Genauso würde ich mich freuen, wenn endlich der Winter vorbei wäre ...

    Mit herzlichen Grüßen
    Wolfgang

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Wolfgang!

    Das sind drei sehe schöne und aussagekräftige Bilder.
    Allerding auch drei relativ schwierige Funde, fürchte ich.

    Den ersten würde ich makroskopisch als Fälbling einschätzen; was allerdings wohl mikroskopisch noch abzusichern wäre. In der Gattung kommt man in den meisten Fällen ohne mikroskopische Untersuchung aber ja eh zu keinem Ergebnis.
    Der zweite müsste ein Flämmling aus der Gruppe um den Fleckblattflämmling (Gymnopilus penetrans s.l.) sein.
    Der dritte ein auf Hut und Stiel leicht "verkahlter" Körnchenschirmling, wohl eine Art aus dem Umfeld von Cystoderma granulosum und Cystoderma terrei (die leider auch makroskopisch nicht unterscheidbar sind, auch wenn gelegentlich was anderes suggeriert wird).


    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo, hallo Sabine,

    danke für die ersten Einschätzungen. Wenn Nr. 1 ein Fälbling ist, dann wird es wahrscheinlich schwer, was Präzises herauszufinden. Ich hatte eigentlich nur Ritterlinge im Kopf, kam aber damit nicht recht weiter.

    Bei Nr. 2 hatte ich den Geflecktblättrigen Flämmling auch schon im Sinn, wurde aber dann wieder unsicher wegen des Gifthäublings, diverser Schüpplinge und noch anderer Sachen. Da kann man dann schon mal in einen Zustand geraten, wo man seinen eigenen Namen nicht mehr weiß. :confused:Hoffentlich gibt es noch andere Pilzfreunde, die diesen Zustand kennen.

    Körnchenschirmling hilft mir bei Nr. 3 wirklich weiter. Daran hatte ich gar nicht gedacht, aber das sollte der richtige Weg sein.

    Vielen Dank und mit herzlichen Grüßen
    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang!

    auch wenn ich Dir bei Deinen drei sehr schön abgebildeten Pilzen so gar nicht weiter helfen kann, so kann ich Dir zumindest versichern, dass ich den Zustand der "leichten" Verwirrung sehr gut kenne!

    Das hilft bei der Bestimmung zwar gar nicht weiter, aber gibt einem vielleicht das erleichterte Gefühl, damit nicht alleine zu sein! :wink:

    Freue mich wieder von Dir zu lesen!

    Liebe Grüße!
    Alex

    Wie bei den Pilzen generell, so sind auch meine Angaben grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen!

    Ich bin kein Pilzexperte, nur ein mykologisch interessierter Laie!

    Offizielle Freigaben kann es nur beim Pilzsachverständigen vor Ort geben!

  • Hallo Wolfgang,

    schwierig, schwierig. Auf dem ersten Bild sehe ich keinen Fälbling, da passt für mich die Farbe der Lamellen und die Art des Anwachsens am Stiel nicht. Bild zwei könnte ein Geflecktblättriger Flämmling sein, aber der Hut ist mir zu geschuppt und deshalb tendiere ich in Richtung Schüpling sp. Möglich wäre der Tannenschüppling, aber sehr vage.
    Bei Bild Nr. 3 gehe ich mit Pablo mit.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Hallo Veronika,

    der Hinweis zu Bild 2 war wirklich sehr gut. Ich hab in der hiesigen Suchmaschine zwei passende Arten gefunden: Nadelschüppling (Pholiota spumosa, syn. Gymnopilus spumosus) und Samtschuppiger Tannenflämmling (Gymnopilus sapineus). Mit dem letzteren kann ich mich sehr gut anfreunden. Ich denke, ich schreibe ihn so in mein Archiv und lasse es damit gut sein. Vielen Dank dafür.

    Danke Alex fürs Mitgefühl wegen der Zustände. Und halt durch bei deinen winterlichen Wanderungen!

    Viele Grüße
    Wolfgang

    • Offizieller Beitrag

    Hallo in die Runde!

    Ich hätte das jetzt so interpretiert, daß man bei dem Pilz auf dem ersten Bild die Lamellenfarbe gar nicht beurteilen kann. Für mich sieht das aus, als wäre die Lamellenfarbe verdeckt durch die Farbe des Sporenpulvers, und wenn dem so ist, dann passt das hervorragend zu einem Fälbling. Aber selbstverständlich auch zu ein bis zwei weiteren Dutzend Pilzgattungen. :wink:

    Es ist nur eine Idee, bei solchen Pilzen bewegt man sich ohne ein paar Mikrodetails (Aufbau Huthaut, Sporeneigenschaften, Zystiden) ohnehin meistens schon bei der Gattungseinordnung im spekulativen Bereich, Einschätzungen sind da auch nichts anderes als gefühlsmäßige Präferenzen ausgehend von persönlicher Beobachtungserfahrung.

    Als Randnotiz: Ebenso wie es Ritterlinge ohne Burrgraben gibt, gibt es auch Fälblinge ohne Burggraben. Auch so ein Erfahrungswert.

    Beim zweiten ist es bei mir kaum anders. An einen Schüppling aus der Gruppe um Pholiota spumosa, pinicola usw. mag ich nicht so recht glauben, die haben zwar gelegentlich (wenn jung) etwas Velum auf dem Hut, aber das ist sehr vergänglich und wenn in Schüppchen vorliegend, sind diese abwischbar. Gymnopilus sapineus ist natürlich auch eine naheliegende Idee. :agree:
    Irgendwann hatte ich auch mal gedacht, den finden zu wollen, und hatte eine Reihe von Kollektionen mit +/- schuppigen Hüten untersucht. Es war jeweils immer nur Gymnopilus penetrans, der eben auch mal einen faserig-schuppigen Hut haben kann. Auch da: Die relevanten (und sicheren!) Trennmerkmale liegen im mikroskopischen Bereich (insbesondere die deutlich unterschiedliche Breite der HDS - hyphen).


    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,

    vielen Dank für deine umfangreichen Recherchen und den Einblick in deine fast unglaublichen mykologischen Fachkenntnisse.
    Ich finde es an sich schon faszinierend, dass wir 2 von 3 Arten nur anhand meiner Fotos annähernd sicher bestimmen konnten (Bei Nr. 3 habe ich mich für Cystoderma terreyi entschieden). Da ich nicht mikroskopiere, habe ich mich an Wahrscheinlichkeiten von, sagen wir, 90% gewöhnt. Ich kann damit gut leben.
    Vielleicht noch eine Anekdote zu Bild Nr.1: Als ich die Pilze damals am Waldrand gefunden habe (ca. 10-15 Exemplare), dachte ich spontan: Den Pilz kennst du, den hast du im Pilzbuch schon 20 mal überblättert, der ist unverwechselbar. Da muss ich nur das Buch aufschlagen, die richtige Seite finden und nach 2 Minuten kann ich den Namen hinschreiben.
    Dann zuhause, nach 2-stündiger Suche, die bittere Erkenntnis: So kann man sich täuschen! Aus den 2 Minuten sind jetzt über 6 Jahre geworden ...

    Mit herzlichen Grüßen
    Wolfgang

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Wolfgang!

    Wenn ich die Bilderserien von dir so durchklicke, finde ich deine Formenkenntnis sehr beachtlich.
    Ich meine, es geht ja um Pilze: Da kann man 600 Jahre forschen, und hätte immer noch nur die Spitze des Eisberges gesehen.
    Allerdings hat das ja auch einen Nachteil, wenn die Kenntnisse zunehmen: Es wird einem immer mehr und mehr bewusst, wie wenig man weiß und wie wenig Pilze man eigentlich bestimmen kann. Bei mir ist es zB so, daß ich stand heute viel weniger Pilze bestimmen kann, als noch vor zwei Jahren. :wink:

    ...weil irgendwann die Erkenntnis dämmerte, daß es da draußen viel mehr gibt, als man glaubt, längst nicht alles schlüssig definiert ist, und auch aktuelle Gattungsmonografien nicht immer ein vollständiges Bild ergeben.


    LG, Pablo.

  • Hallo nochmal!

    Ich wollte mich nur dem Lob von Pablo anschließen! Deine Beiträge machen echt Spaß und ich freue mich auf den nächsten! :agree:

    Im Übrigen beruhigt mich die Aussage von Pablo schon sehr, dass man einfach nicht alles ganz genau bestimmen kann!
    Und es hat auch etwas sehr schönes, wenn die Natur einen Funken Geheimnis für sich behält!
    Wie es den Anschein hat - und da bin ich ganz auf Pablos Linie - wächst dieser Funken mit jedem Mal genau Hinschauen wieder ein bisschen!

    Gut so!

    liebe Grüße und eine schöne Woche!
    Alex

    Wie bei den Pilzen generell, so sind auch meine Angaben grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen!

    Ich bin kein Pilzexperte, nur ein mykologisch interessierter Laie!

    Offizielle Freigaben kann es nur beim Pilzsachverständigen vor Ort geben!

  • Hallo Pablo und Alex,

    dein Beitrag ist wirklich sehr interessant, Pablo, aber auch ein wenig beängstigend. Sich vorzustellen, dass man mit zunehmendem Wissen zu immer tieferen Erkenntnissen kommt - bis zu dem Punkt, wo das ständig wachsende Wissen einen erschlägt!
    Ein anderer Weg wäre, seine Interessen in möglichst viele Richtungen auszudehnen, auch wenn man dann gelegentlich feststellen muss, dass die Kenntnisse nicht weit genug ins Detail gehen.
    Ich denke, beide Richtungen sind wichtig und haben ihre Berechtigung. Am besten, man sucht sich irgendwo dazwischen den Platz, wo man am glücklichsten ist. Jeder nach seinen Möglichkeiten.

    Mit herzlichen Grüßen
    Wolfgang