Pilzbestimmungsapps und Pilzvergiftungen?

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 3.708 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (4. September 2019 um 07:56) ist von Jan.

  • Hallo zusammen,

    heute las ich in unserer Zeitung ein Interview, in dem geäußert wurde, seit es die Pilzbestimmungsapps gibt, wäre die Zahl der Vergiftungsfälle stark angestiegen.

    Habt ihr davon etwas gehört? Gibt es dafür Daten, Belege, Erfahrungswerte?

    Ich hatte jedenfalls noch nie einen Vergiftungsfall, der mit einer Bestimmungsapp zu tun hatte. Aber das ist natürlich auch eine sehr übersichtliche Statistik...

    Neugierige Grüße

    Sabine

  • Hallo Sabine.

    Ich kann zwar nur von mir selbst berichten. Bin ja kein PSV und bekomme somit von den Vergiftungsfällen nichts mit.

    Da ich aber seit einiger Zeit selbst eine Bestimmungsapp nutze, kann ich zumindest hiervon von meinen Erfahrungen berichten.

    Mich überrascht es manchmal schon, wie oft "meine" Bestimmungsapp voll ins Schwarze trifft.

    Andererseits passiert es auch immer wieder, dass das angezeigte Ergebnis meilenweit von der Realität entfernt ist. (Wobei es hier durchaus möglich ist, dass dem Ganzen ein Bedienungsfehler meinerseits vorausgegangen ist.)

    Genau hier ist der Punkt erreicht, an dem ich mir durchaus eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, aufgrund unbedarfter Verwendung von Pilzbestimmungsapps in Verbindung mit fehlender Skepsis eine Pilzvergiftung zu erleiden, vorstellen kann.

    Darum ist es immer wichtig, eine durch eine Bestimmungsapp erfolgte Bestimmung kritisch zu hinterfragen, die komplette Beschreibung Punkt für Punkt mit dem gefundenen Pilz abzugleichen, die jeweiligen Verwechslungspartner zu recherchieren und diese ebenfalls mit dem gefundenen Pilz abzugleichen. Im Zweifelsfall natürlich stehen lassen, oder damit zum PSV.

    Es sei denn, man nutzt die App, um seine eigene Bestimmung zu bestätigen, bzw. die Genauigkeit der App zu prüfen.

    So habe ich beispielsweise noch nie einen Pilz, den ich ausschließlich durch die App bestimmte, mit in die Pfanne geschnitten.

    LG Matthias

    Bei allen online "bestimmten" Pilzen handelt es sich lediglich um Bestimmungsvorschläge.

    Gezeigte Pilze zu 100 Prozent sicher nur über Bilder zu bestimmen ist nicht möglich, deren Verzehr kann im schlimmsten Falle tödlich enden!

    Eine Verzehrfreigabe gibt es ausschließlich vom Pilzsachverständigen/Pilzkontrolleur/Pilzberater vor Ort!

    Finde HIER den nächstgelegenen PSV

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Schwammerlfreunde.

    Im Grunde ist es mit den Apps doch wie mit den Waffen. Waffen können jemanden töten, sie sind aber nicht daran Schuld sondern der dumme Mensch der sie benutzt.

    Pilz-Apps sind schon eine tolle Sache. Man kann sie überall mit hinnehmen, sie sind wie die Pilze123 zum Beispiel immer aktuell, es sind meist viel mehr Bilder als in Büchern vorhanden, aber sie können den Menschen eben nicht ersetzen.

    Wenn wir Pilzsachverständigen oder -berater einen Pilz zur Prüfung bekommen, checken wir intuitiv tausende Möglichkeiten gegeneinander ab, schauen zur Sicherheit auch nochmal in eine App oder ein Buch und entscheiden erst dann. Ein unbedarfter Anfänger sieht meist 2-3 Merkmale die passen und schon ist der Pilz bestimmt, dieser Anfänger ist sich der Gefahren aber einfach nicht wirklich bewusst und das sollte unser aller Anliegen sein.

    Es ist nicht wichtig die Bücher und vor allem Apps zu verteufeln, es ist viel wichtiger den Leuten zu sagen wie gefährlich es sein kann, Pilze zu essen die man nicht zu 100 Prozent kennt und das es eben nicht damit getan ist sich auf nur ein paar wenige Merkmale zu verlassen. Für die meisten ist es auch nur wichtig das bestimmte Merkmale vorhanden sind, oft ist es viel wichtiger das bestimmte eben nicht vorhanden sind.

    Das sagt einem leider keine App wenn man sich dazu entschieden hat den Pilz zu essen, übrigens auch kein Buch.

    • Offizieller Beitrag

    Moin!


    Genau.

    Im Grunde ist es doch egal, ob Pilzbuch oder App: Beides funktioniert im Wesentlichen gleich. Und die Risiken sind damit auch die Gleichen.

    App oder Pilzbuch können keine Pilze bestimmen. Sie können einem nur dabei helfen, indem sie Merkmale abfragen und eine Hilfestellung beim bewerten der Merkmale geben.

    Der Fehler liegt also in der Regel weder bei der App oder beim Pilzbuch, sondern darin, daß den "Ergebnissen" blind vertraut wird.

    Darum steht in einer guten App ebenso wie in einem guten Buch immer auch de Hinweis drin, daß Bestimmungen mithilfe des Werkzeugs auch falsch sein können, und man darum bei der geringsten Unsicherheit besser den Weg zum geprüften PSV nehmen sollte.


    LG, Pablo.

  • Hallo ihr drei,

    selbstverständlich stimme ich euch aus ganzem Herzen zu. Ich finde die Apps (im Moment habe ich nur die alte 123-App, werde aber vermutlich bald upgraden ;)) klasse.

    Und im Gegensatz zum Buch, wo man die entscheidenden Seite mit den Warnhinweisen ja geschmeidig überblättern kann, hat meine App mich bei jedem Start damit "belästigt", dass ich bestätigen musste, dass ich weiß, dass Pilze gefährlich sein können, usw. (ich weiß noch nicht, wie es bei der neuen App ist, aber vielleicht kann man ja sogar Piktogramme mit Totenkopf o.ä. in diese Maske aufnehmen, damit keiner auf die Idee kommt, dass das nur Datenschutz-Blabla ist, und es wenigstens einmal gescheit durchliest).

    Und ich hatte schon so unglaublich … kurzsichtige :hmmm:… Vergiftungsfälle (einmal durch den Wald laufen und alles einsammeln und aufessen, was da steht - Fliegenpilze essen, weil die keine roten Punkte drauf haben - und ähnliche Unglaublichkeiten mehr) - manche Leute brauchen echt keine App, um einfach irgendwelche Pilze zu essen, die sie nicht kennen.

    Trotzdem wäre es ja denkbar, dass die reine Zahl der Vergiftungsfälle vielleicht doch gestiegen ist, und/oder jemand von konkreten Vergiftungsfällen weiß, bei denen eine App den Ausschlag gegeben hat. Denn in meinem Umfeld und aus den Medien habe ich bisher davon nichts mitbekommen, so dass die Aussage aus der Zeitung mich zumindest zweifeln lässt.

    Aber selbst wenn die Zahl der Vergiftungen angestiegen wäre, käme ich natürlich nie auf die Idee, Pilzbestimmungsapps zu verbieten oder ähnlichen Kokolores. Die Verantwortung liegt da - wie bei den Büchern auch - ausschließlich beim Nutzer. Höchstens so eine obligatorische Popup-Warnung fände ich vielleicht gut (auch wenn sie mich selbst nervt - vielleicht könnte man ein Quiz einbauen, bei Bestehen darf an den Hinweis abschalten ;)).

    Liebe Grüße

    Sabine

  • Hallo

    Ob ich eine App oder ein Pilzbuch nutze, das ist doch egal. Wichtig ist doch, daß ich meinen Verstand bei der Pilzbestimmung nicht "ausschalte". Eine App macht doch nur Vorschläge!!! Den Rest muß der Sammler vergleichen und bestimmen. Bei unbekannten Pilzen gibt es ja auch noch den Pilzberater .......

  • Hallo Sabine,

    ich habe das hier im Nordosten unserer Republick auch in der Zeitung gelesen, allerdings nicht mit der Mutmaßung, dass es vermehrte Vergiftungsfälle gibt.

    Es wurde nur davor gewarnt, blind auf die Apps zu vertrauen. Wahrscheinlich hängt es vom jeweiligen Redakteur ab, was er aus so einer Sache machen will bzw. wie viel Aufmerksamkeit er mit seinem Artikel erreichen möchte.

    Ich selbst habe in meiner kurzen Zeit als PSV nichts derartiges erlebt und auch in der jährlichen Auswertung der Pilzberater in Mecklenburg-Vorpommern habe ich davon noch nichts gehört ...

    VG Jan