Wie heißt sie?

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 275 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (6. April 2024 um 19:36) ist von KaMaMa.

  • Hallo zusammen,

    dieser Tage bin ich wieder zu meinen Flechten gepilgert.


    Diese hier habe ich dabei auch gesehen. Und wüßte gerne, wie sie heißen.


    Sie hat so Lappen ( wie genau heißt das?) und da kommen dann so dünne Stängel raus. Verzeiht mir fehlen die genauen Bezeichnungen der einzelnen Flechtenteile.

    Hier sieht man nur diese Lappen. Ist das die selbe?

    Sie wohnen beide an Baumstümpfen mit vorwiegend Nadelwald. Sind oft zusammen mit Moosen.

    Auf was genau muß ich achten, wenn ich wissen will welche Flechte das ist?

    Ich bin leider der absolute Neuling in dieser so zauberhaften Welt.

    Liebe Grüße

    Murmelchen

    Von mir gibts hier im Forum auch keine Verzehrfreigabe.

  • Hallo Murmel,

    wenn man Cladonien bestimmen möchte, achtet man als erstes darauf, ob Podetien (Säulen und /oder Becher) - so heißen die aufragenden Teile der Flechte - ausgebildet sind, ferner auf Fruchtkörper. Sollten die Fruchtkörper rot sein, so wird die Bestimmung wird leichter, da es nicht sehr viele rotfüchtige Arten gibt. Meist sind die Fruchtkörper aber braun oder mit bloßem Auge nicht erkennbar. Bei der gezeigten Flechte kann ich leider keine Fruchtkörper entdecken - zumindest keine roten.

    Sehr wichtig ist natürlich, auf welchem Substrat und in welchem Habitat man die Flechte gefunden hat - nicht jede Cladonie wächst überall, sie haben klare Präferenzen.

    Die Grundfarbe der Cladonien ist meist (grau)grün, kann aber auch deutlich gelblich sein, bereichsweise braun sein oder auch weißlich, wenn das Mark freiliegt. Deine Flechte ist ohne gelbe oder braune Töne.

    Dann sollte man darauf achten, ob die Podetien am oberen Ende becherförmig sind, oder schmal enden. Ob die Becher fingerartige Auswüchse bilden oder nicht, ob die Podetien sich verzweigen und wie sie sich verzweigen. Auf dem Foto sehe ich stumpf endende Säulen ohne Becher, aber auch Podetien mit ganz schmalen, kleinen Becherchen, die sehr lange Auswüchse haben können.

    Details aus deinen Fotos, linkes Bild: Schuppige berindete Podetienbasis, oben pulvrig sorediös, schmale Becher, fingerartige Fortsätze; Grundschuppen mit rundlichen Rändern; Rechtes Bild: Podetien entspringen dem Zentrum rundlicher Grundschuppen


    Wichtig ist es auf die Oberflächenstruktur der Podetien zu achten: Hier auf den Fotos ist sie im oberen Teil der Podetien feinpulvrig ("sorediös"), im unteren Teil stehen kleine Schüppchen ab.

    Die Läppchen dieser Flechtengattung nennt man Grundschuppen. Auch die Menge, Dichte, Form, Farbe, Größe und Struktur der Grundschuppen sind für die Bestimmung wichtig. Das gilt auch für die Unterseite der Grundschuppen! Eine Lupe zur Hand zu haben ist hier wichtig. Die Grundschuppen auf den Fotos stehen dicht, bei den größeren Exemplasren sind die Ränder nach oben gebogen; sind oberseits graugrün unterseits weiß,

    Da es sehr viele Cladonien gibt und sie sich einerseit stark ähneln, andererseits jede Cladonienart auch eine große Variationsbreite im Erscheinungsbild haben kann sind Färbetests mit einigen Chemikalien häufig unerlässlich, wenn man sie auf Artebene bestimmen möchte.


    Eine mögliche Option für deinen Fund wäre die (rotfüchtige) C. digitata, die sehr variabel daherkommt, aber durch große, aufsteigende Grundschuppen auffällt. Die Grundschuppen sind am Rand oder unterseits flächig pulvrig sorediös, und können zur Basis hin orange gefärbt sein.

    Vielleicht könntest du mit der Lupe die Unterseite einiger der größten Grundschuppen prüfen, ob sie Sorediös sind (körnig/pulvig belegt) und/oder ob die Unterseite der Grundschuppen orange Basen haben - dann wäre es vermutlich Cladonia digitata, die Finger-Scharlachflechte (rundlich-ganzrandige Grundschuppen) oder C. polydactyla (gekerbte Grundschuppen).

    C. coniocraea kommt auch in Betracht, hat aber wenn überhaupt, braune Früchte.

    LG, Martin

    Bild A1: Unterseite der Grundschuppen weißlich und pulvrig sorediös? (C. polydactyla, da Grundschuppen mit eingeschnittenen Rändern)


    Bild A2: Unterseite der Grundschuppen zur Basis hin orange? (C. polydactyla)

    Einmal editiert, zuletzt von KaMaMa (6. April 2024 um 18:24)

  • Guten Morgen lieber Martin,


    was für eine fantastische Erklärung zu meinem Fund. Ich danke Dir sehr dafür.

    1.te Aktion für mich: Lupe ein stecken.

    2.te Aktion: hinfahren ( mit Lupe )

    3.te Aktion Flechte näher untersuchen auf der Unterseite nachschauen, wie sie beschaffen ist.


    Da ich weiß, wo ich sie finden kann, ist das für mich leicht. Und ich habe wieder einen Grund, um in meinen geliebten Wald fahren zu können. DAS ist ok für mich. Womit ich Probleme haben könnte, ist, mir diese Bezeichnungen anzueignen.

    Für mich ist das Training. Richtig gutes Training. Danke, dass Ihr mir dabei helft.

    Liebe Grüße

    Murmelchen

    Von mir gibts hier im Forum auch keine Verzehrfreigabe.

    Einmal editiert, zuletzt von Murmel (31. März 2024 um 14:23)

  • Hallo Murmel,

    das freut mich!

    Achte auch darau, ob du irgendwo an den Spitzen der Podetien / Säulen braune oder rote Fruchtkörperchen findest. Es können große, kugelige Apothecien sein (rechts im Bild unten) und mit bloßem Auge erkennbar oder winzig kleine Pycnidien sein (links im Bild) - deshalb Lupe verwenden!

  • Hallo Murmel,

    da ist mir ein Fehler unterlaufen! Den habe ich erst heute bemerkt, als ich die Flechte, die ich hier als Beispiel gezeigt habe, ordentlich kontrolliert habe:

    Die Flechte, die ich als Beispiel mit der sorediösen Grundschuppen-Unterseite zeigte, ist Cladonia polydactyla, nicht C. digitata. C. digitata hat rundliche, große Grundschuppen, während die von mit gezeigte Flechte eingeschnittene, gekerbte Ränder hat - das ist typisch für C. polydactyla! Da habe ich mich zu sehr von der sorediösen Unterseite leiten lassen, die aber bei beiden Flechtenarten auftreten kann. (Ich habe das oben korrigiert)

    Cladonien sind echt nicht einfach, man muss auf sehr vieles achten!

    LG, Martin

  • Hallo lieber Martin,

    ich dachte immer, ich sehe schlecht. Wenn ich jetzt die braunen Fruchtkörperchen mit bloßem Auge erkennen kann, dann sehe ich gut. Sag ich mir.

    Ich habe diese kleinen braunen Fruchtkörperchen mit bloßem Auge gesehen. Und war soooo stolz auf meine Augen. Und habe sie auch fotografiert. Und dann kam die Enttäuschung meines Lebens für mich. Im Wald, da kontrolliere ich die Fotos meist sofort. So auch heute. Sie sahen dort scharf aus. Zumindest auf meinem Display. Jetzt zu Hause auf dem PC-Bildschirm sehen so verschwommen aus. So sieht das dann auch:

    Aber man kann die braunen Fruchtkörperchen erkennen. Ich muß nur meinen Display besser lesen können. Es ist ein Kreuz, wenn man nicht gut sieht.

    Liebe Grüße

    Murmelchen

    Von mir gibts hier im Forum auch keine Verzehrfreigabe.

  • Jaja - das kenne ich nur zu gut!

    Es ist immer enttäuschend, wenn die Fotos nichts geweorden sind, weil der Schärfepunkt falsch liegt.

    Man erkennt aber die braunen Fruchtkörperchen gut genug. Damit sind die rotfrüchtigen Arten aber noch nicht raus aus dem Rennen! Die braunfrüchtigen Arten haben zudem auch Becher, die deutlich breiter sind als die Stiele. Die zuerst gezeigten Flechten waren anders. Ferner sind auch rotfrüchtige Flechten auf deinem Foto zu sehen.

    Es ist halt wieder einmal ein Cladonien-Mix mit mindestens zwei Arten!