Rechtliche Risiken bei Pilzberatung als PSV

Es gibt 77 Antworten in diesem Thema, welches 9.573 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (5. Februar 2023 um 12:59) ist von Fuddler.

  • Wenn man als geprüfter PSV eine Pilzberatung anbietet und einen Giftpilz freigibt, was wenn wir mal ehrlich sind ja nie zu 100,00000% ausgeschlossen werden kann, welche (Straf-)rechtlichen Konsequenzen hätten man zu befürchten? Könnte man auf Schmerzensgeld o.ä. verklagt werden? Kommt der Staatsanwalt (fahrlässige Körperverletzung oder sogar Tötung?)?

    Wäre die Antwort unterschiedlich, wenn die Beratung ehrenamtlich oder kostenpflichtig erfolgt?

    Gibt es hierzu konkrete Präzedenzfälle?

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Hallo,

    meines Wissens gibt es keine Präzedenzfälle. Mir ist jedenfalls weder zu Ohren gekommen, dass schon mal ein*e PSV einen Giftpilz (versehentlich) zum Verzehr freigegeben hat, noch dass es einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit der Beratertätigkeit gegeben hätte. Falls jemand andere Informationen hat, wäre ich dankbar für Details.

    Grenzfälle, in denen Leute z. B. entgegen den Empfehlungen doch etwas essen, gibt es bestimmt öfters mal. Ich hatte beispielsweise mal eine Teilnehmerin bei einer Pilzwanderung, die mir erzählt hat, dass sie sich schon mal eine Portion Grünblättriger Schwefelköpfe reingezogen hat und sich dann ordentlich erbrechen musste, die aber darauf bestand, die bei unserer Wanderung gefundenen Ziegelroten Schwefelköpfe ebenfalls zu essen.

    In dem Fall hätte es etwa 15 Personen gegeben, die hätten bezeugen können, dass ich ihr davon abgeraten habe, aber natürlich habe ich ihr die Pilze nicht eigenhändig aus dem Körbchen gefischt. Wenn sie das unbedingt machen will, ist das ihr Ding. Wenn ich so jemanden in einer individuellen Beratung hätte, würde ich mir das vielleicht auch explizit gegenzeichnen lassen (was ich in einer normalen Beratung nicht mache).

    So etwas passiert vermutlich anderen PSVs auch mal. Oder dass Leute zwar eigentlich nur "gute" Pilze essen, sie aber nicht gut vertragen. Oder nur "gute" Pilze mit heimnehmen, aber erst nach 2-3 Tagen halbvergammelt weiterverarbeiten. Insofern wäre vermutlich Potenzial dafür da, dass mal irgendjemand auf die Idee kommt, klagen zu müssen.

    Für den Fall ist man allerdings über die DGfM rechtsschutzversichert. Kann sein, dass man für kommerzielle Angebote eine eigene Rechtsschutzversicherung braucht, aber da bin ich überfragt.

    Grobe Fahrlässigkeit oder fahrlässige Tötung kann ich mir ehrlichgesagt bei PSV nicht vorstellen. Dafür müsste man ja einer ratsuchenden Person einen (tödlich) giftigen Pilz zum Essen mit nach Hause geben. Nach der Schleiferei für die PSV-Prüfung ist das für mich echt schwer vorstellbar.

    Beste Grüße

    Sabine

  • Moin oder Hallo

    Habe während mehreren Jahren für die Region Saanenland (CH) Pilzkontrollen ausgeführt.

    Wie Sabine auch erwähnt, ist mir auch kein einziger Fall bekannt, wo durch geprüfte Pilzkontrolleuer/INNEN giftige Pilz freigegeben wurden.

    Die vorgezeigten Pilze wurden und denke werden immer noch mit einem Freigabe Protokoll nach Stückzahl oder / und Gewicht dokumentiert.

    Nicht freigebende Pilze werden auch schriftliche vermerkt.

    Jedoch übernimmt man damit auch eine grosse Verantwortung.

    Viele KG Pilze aus meiner sehr attraktiven Region wurden von vielen Pilzler/innen mit Sammelbewilligungen bis 6 KG täglich massenweise auch in Hotel's verkauft.

    Es ist und, bleibt immer schwierig zu erkennen, ob es sich bei kontrollierten Pilze um alle gefunden Pilze handelt, oder lediglich einem Teil davon.

    Ich war während dieser Zeit von diversen Gemeinden sozusagen "angestellt" und mit einer Risikoversicherung von mehreren Millionen CHFR. abgesichert.

    Vom Zeitpunkt, wo die Kontrollen nicht mehr durch die Gemeinden getragen und abgesichert wurden, habe ich jedoch mit den Pilzkontrollen relativ schnell aufgehört.

    Im meinem (nur) Bekanntenkreis geben ich gerne und kostenlos Auskunft, jedoch immer nur für die mir vorgezeigten Pilze.

    Meinen Rat an alle, die nicht von einer Gemeinde etc. versichert sind,

    LASSE die Finger davon, Pilze an fremden Leuten zum Verzehr freizugeben oder besorge dir zuerst einen umfassenden finanziellen Schutz.

    Motto: Vertrauen ist gut... Selbstschutz ist besser.

    BG Markus

    Mit besten Grüssen, Markus

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrs Freigaben.

    Eine zuverlässige Bestimmung sowie die Freigabe zu Speisezwecken kann nur durch geprüfte Pilzsachverständige / Kontrollstelle freigegeben werden. Danke

    3 Mal editiert, zuletzt von Markus CH (1. November 2022 um 09:13)

  • Meinen Rat an alle, die nicht von einer Gemeinde etc. versichert sind,

    LASSE die Finger davon, Pilze an fremden Leuten zum Verzehr freizugeben oder besorge dir zuerst einen umfassenden finanziellen Schutz.

    Motto: Vertrauen ist gut... Selbstschutz ist besser.

    Glaube die DGfM bietet ihren PSV Rechtsschutz, aber keinen Haftpflichtschutz.

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Hallo,

    Glaube die DGfM bietet ihren PSV Rechtsschutz, aber keinen Haftpflichtschutz.

    Ich denke, es ist andersrum:

    Wie hier nachzulesen ist, sind die PSV haftpflichtversichert:

    Alle PSV der DGfM, die Mitglied in der DGfM sind und einen gültigen PSV-Status haben, sind durch die DGfM für ihre Beratertätigkeit haftpflichtversichert. Die Kosten für diese Haftpflichtversicherung trägt die DGfM. Der Versicherungsschutz entbindet den Pilzsachverständigen nicht von seiner Sorgfaltspflicht.

    Beste Grüße

    Sabine

  • Hallo zusammen,

    das ist eine interessante Problematik. Ich bin ja auch PSV oder wie wir im Osten lieber sagen Pilzberater. Für meine Beratertätigkeit bin ich doppelt abgesicherte, einmal über die DGfM und zum anderen über das Gesundheitsamt MV. Ich bin ehrenamtlich beim Veterinär-und Lebensmittelüberwachungsamt angeschlossen und erhalte eine jährliche Aufwandsentschädigung. Soweit die Formalien. In der Pilzberatung notiere ich die persönlichen Angaben, einschließlich Adresse und die vorgelegten Pilzarten, dazu sind wir übrigens verpflichtet. Ich habe ganz selten erlebt, dass jemand seine Daten nicht benennt. Die Daten bleiben auch bei mir, werden nicht weiter gegeben. Ich kann im Falle einer Vergiftung nachweisen, was er mir gezeigt hat. Wenn er noch andere Pilze irgendwo hatte, so habe ich die nicht gesehen. Ich gebe keine Giftpilze, kein Pilzgammel oder von mir nicht bestimmbare Pilze mit. Die werden an Ort und Stelle entsorgt. Wenn einer selbst zu Hause solche Pilze "weiter untersuchen" will, muss er mir das unterschreiben.

    Bisher ist mir kein Fehler unterlaufen,der rechtliche Konsequenzen zur Folge hätte.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Hallo Veronika,

    In der Pilzberatung notiere ich die persönlichen Angaben, einschließlich Adresse und die vorgelegten Pilzarten, dazu sind wir übrigens verpflichtet.

    ich weiß nicht, wie es mit deiner Tätigkeit für das Land MV aussieht.

    Aber von Seiten der DGfM besteht diese Verpflichtung nicht. Wieder von der Seite, die ich oben bereits zitiert habe (Hervorhebung von mir):

    "Der Pilzsachverständige sollte über die Beratertätigkeit Protokoll führen, damit er im Schadensfall nachweisen kann, welche Pilze an wen zum Verzehr freigegeben worden sind. Ein DGfM-Musterprotokoll steht auf der Webseite der DGfM zum Download zur Verfügung.

    Jeder PSV der DGfM ist verpflichtet, jährlich dem PSV-Beauftragten der DGfM über seine Tätigkeit zu berichten. Der Jahresbericht gibt Auskunft über Art und Umfang der Tätigkeit, der Zusammenarbeit mit Presse und Giftnotrufzentralen und etwaige Vergiftungsfälle."

    Beste Grüße

    Sabine

  • Hallo Sabine,

    ja, das ist mir bekannt und widerspricht nicht unserer Handlungsweise in MV. Unsere Jahresberichte gehen auch an die DGfM.

    Viele Grüße

    Veronika Weisheit
    Pilzberaterin Landkreis Rostock


    Hinweis: Hier im Forum wird es von mir keine Verzehrfreigaben geben, weil eine Bestimmung über Bild immer fehlerhaft sein kann.

  • Hallo Veronika,

    mir ging es weniger um die Jahresberichte (das hatte ich eher reinkopiert, weil es zeigt, dass diejenigen, die den Text ausgearbeitet haben, sich der unterschiedlichen Bedeutungen bewusst zu sein scheinen), sondern eher darum, dass es bzgl. des Beratungsprotokolls nur "sollte" heißt und somit keine Verpflichtung vorliegt.

    Beste Grüße

    Sabine

  • Hallo,


    natürlich ist die Protokollführung kein Muss, aber auch mir ist es lieber etwas schriftliches über Art und Anzahl der vorgelegen Funde in der Hand zu haben. Daher halte ich das ähnlich wie Veronika, aus den gleichen Gründen.


    Giftpilze behalte ich ein, Gammelpilze darf der Ratsuchende selber entsorgen, schließlich habe ich protokolliert, dass verdorbenes dabei war. Falle er das trotzdem isst - sein Problem.


    Bisher gab es weder Beschwerden oder gar Klagen. Wenn ich das Protokoll zücke kommt vielmehr die Frage ob das jetzt was kostet. Solange haushaltsübliche Mengen gezeigt werden, bei mir nicht.


    LG Thiemo

    Bestimmungsvorschläge anhand von Fotos sind immer unter Vorbehalt und mit Restrisiko!

    Eine Freigabe zum Verzehr können nur Pilzsachverständige vor Ort geben! -> Pilzsachverständige finden

  • In der Pilzberatung notiere ich die persönlichen Angaben, einschließlich Adresse und die vorgelegten Pilzarten, dazu sind wir übrigens verpflichtet. ... Ich kann im Falle einer Vergiftung nachweisen, was er mir gezeigt hat.

    Da geht man aber davon aus, dass eben auch alle Pilze richtig erkannt und nicht verwechselt wurden. Natürlich wird niemand einen Giftpilz freigeben, der als solcher erkannt wurde. Die nie mit vollständiger Sicherheit auszuschießende Gefahr ist aber doch, dass man einen Speisepilz mit einem Giftpilz verwechselt. Dann steht im Protokoll z.B. Wiesenchampignon, und es war in Wahrheit ein Weißer Knollenblätterpilz. Ich weiß, das würde Dir sicher so nie passieren. Aber um den Fall geht es doch. Denke mal da kann man sich vor Gericht nicht auf das Protokoll berufen, wenn durch Mikroskopie oder Toxikologische Analysen eine Knollenblätterpilzvergiftung nachgewiesen wurde.

    Der/die Beratene hat ja keine Möglichkeit das Protokoll zu überprüfen, das er/sie da unterschreibt, da die notwendigen Kenntnisse zur Bestimmung fehlen (deshalb kommt er/sie ja in die Beratung).

    Was ich mir mal überlegt habe ist, dass man im Protokoll Allgemeinsätze aufführt, die der/die Beratene direkt nachprüfen kann, und womit bestimmte Giftpilze zumindest bei arttypischem Aussehen ausgeschlossen sind. Z.B. würde die Aussage "Es wurden keine Lamellenpilze freigegeben, die komplett weiß oder schmutzig-weiß bis weiß-gräulich sind (Stil, Fruchtschicht, Hut)." Dies könnte der Beratene/die direkt nachprüfen und vor Ort unterschreiben. Dann wären schonmal Weißer und Kegelhütiger Knollenblätterpilz, tödlich giftige Trichterlinge und ein paar andere Giftpilze ausgeschlossen.

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • "Der Pilzsachverständige sollte über die Beratertätigkeit Protokoll führen, damit er im Schadensfall nachweisen kann, welche Pilze an wen zum Verzehr freigegeben worden sind."

    Auch hier würde ich einwenden: Das Protokoll beweist nicht, dass es nicht zu einer Verwechslung gekommen sein kann. Wenn der/die Beratene unterschreibt "Ihnen wurden Champignons freigegeben" und am Ende waren es doch Knollenblätterpilze, kann man sich ja wohl kaum darauf berufen, dass der/die Sammlerin ja ein Protokoll unterschrieben hat. Das ist ja nicht wie mit dem Kleingedruckten in einem Vertrag, das man halt gelesen haben sollte.

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • In der Pilzberatung notiere ich die persönlichen Angaben, einschließlich Adresse und die vorgelegten Pilzarten, dazu sind wir übrigens verpflichtet. ... Ich kann im Falle einer Vergiftung nachweisen, was er mir gezeigt hat.

    Da geht man aber davon aus, dass eben auch alle Pilze richtig erkannt und nicht verwechselt wurden. Natürlich wird niemand einen Giftpilz freigeben, der als solcher erkannt wurde. Die nie mit vollständiger Sicherheit auszuschießende Gefahr ist aber doch, dass man einen Speisepilz mit einem Giftpilz verwechselt. Dann steht im Protokoll z.B. Wiesenchampignon, und es war in Wahrheit ein Weißer Knollenblätterpilz. Ich weiß, das würde Dir sicher so nie passieren. Aber um den Fall geht es doch. Denke mal da kann man sich vor Gericht nicht auf das Protokoll berufen, wenn durch Mikroskopie oder Toxikologische Analysen eine Knollenblätterpilzvergiftung nachgewiesen wurde.

    Der/die Beratene hat ja keine Möglichkeit das Protokoll zu überprüfen, das er/sie da unterschreibt, da die notwendigen Kenntnisse zur Bestimmung fehlen (deshalb kommt er/sie ja in die Beratung).

    Was ich mir mal überlegt habe ist, dass man im Protokoll Allgemeinsätze aufführt, die der/die Beratene direkt nachprüfen kann, und womit bestimmte Giftpilze zumindest bei arttypischem Aussehen ausgeschlossen sind. Z.B. würde die Aussage "Es wurden keine Lamellenpilze freigegeben, die komplett weiß oder schmutzig-weiß bis weiß-gräulich sind (Stil, Fruchtschicht, Hut)." Dies könnte der Beratene/die direkt nachprüfen und vor Ort unterschreiben. Dann wären schonmal Weißer und Kegelhütiger Knollenblätterpilz, tödlich giftige Trichterlinge und ein paar andere Giftpilze ausgeschlossen.

    Moin Mister X

    Sorry, dass ich hier auch noch etwas zufüge.

    Es ist und bleibt immer ein Risiko mit jeder Bestimmung und Freigabe.

    Andererseits kann ich dir aus meiner aktiven Zeit als Pilzkontrolleur mitteilen, dass Pilze bis ins Detail begutachtet werden und schon im Zweifelfall direkt in den Eimer wandern.

    Das gilt auch für vergammelte, Essbare Pilze.

    Es gab oder gibt es immer noch, dass diverse Pilze, obschon diese Essbar sind, nicht freigeben wurden.

    Denke hier an den Perlpilz, Scheidenstreiflinge, Wulstlinge.

    Wenn hier der Sammler diese unbewusst gepflückt hatte und lediglich auf das Vertrauen der Pilzkontrolle wartete, haben wir diese mit der Begründung der gefährlichen Verwechslungen prompt entsorgt.

    Bestand der / die Pilzsammler auf eine Freigabe, geschah dies NUR gegen seine Unterschrift.

    Im Grossen und Ganzen werden geprüfte PSV gut respektiert, da die Sammler/Innen Vergiftungen vermeiden wollen.

    Während meiner ca. 15 Jährigen Tätigkeit als PSV hatte ich desbezüglich NIE schwierige Kunden.

    BG Markus

    Mit besten Grüssen, Markus

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrs Freigaben.

    Eine zuverlässige Bestimmung sowie die Freigabe zu Speisezwecken kann nur durch geprüfte Pilzsachverständige / Kontrollstelle freigegeben werden. Danke

  • MisterX, deine Einwände finde ich sehr berechtigt.

    Wie ich, glaube ich, schon schrieb, führe ich solche Protokolle, die von den Beratenen unterschrieben werden, im Normalfall nicht.

    Ich würde es als Überbürokratisierung empfinden, wenn ein paar Bekannte hier aus dem Dorf mit einem kleinen Korb voll traumhaft knackiger Maronen vorbeikommen und ich so einen Zettel ausfülle und unterschreiben lasse. Oder ein auch gelegentlich auftretender Fall ist, dass ich Leute im Wald treffe, die mich bitten, einen Blick in ihr Körbchen zu werfen (das letzte Erlebnis hatte mich mal wieder sprachlos gemacht - irre scharfe Milchlinge, Nebelkappen ohne Ahnung, was das ist, und Kahle Kremplinge - ich weiß gar nicht, was ihr Plan gewesen wäre, wenn sie mich nicht durch Zufall im Wald getroffen hätte). Da habe ich natürlich auch kein Formular dabei.

    Was ich aber machen würde, wenn jemand darauf bestünde, giftige Pilze wieder mitzunehmen, oder annehmen ließe, dass die vorgezeigten Pilze nicht alle sind, die für den Verzehr vorgesehen sind: Die Pilze, die ich gesehen habe, fotografieren, so dass man erkennen kann, welche Arten/Gattungen vertreten sind.

    Manchmal, insbesondere wenn viele unterschiedliche Arten vorgelegt werden, mache ich für mich selber ein Foto, weil im Jahresbericht sowas wie Anzahl der vorgelegten Arten, Anzahl der aussortierten tödlich giftigen Pilze oder irgendwas in die Richtung abgefragt werden.

    Ein Foto könnte man als Ergänzung zum Protokoll, wenn man eins führt, ja auch machen, und dann ggf. im Protokoll abzeichnen lassen, dass nur die auf dem Foto gezeigten Pilze vorgelegt wurden.

    Beste Grüße

    Sabine

  • Im Grossen und Ganzen werden geprüfte PSV gut respektiert, da die Sammler/Innen Vergiftungen vermeiden wollen.

    Da hole ich doch gerne noch mal meinen Fall von vor zwei Jahren aus der Mottenkiste:

    Ein junger Mann, der Spitzgebuckete Rauköpfe gegessen hatte und bei mir mit seinen eingefrorenen Pilzschätzen vorstellig wurde, damit ich den schuldigen Pilz identifizieren kann (dankenswerterweise hatte er im Gefriergut welche drin) war total beratungsresistent. Ich hatte schon entgegen meiner üblichen Vorgehensweise (eher beruhigen) schon auf ihn eingeredet wie auf einen lahmen Gaul, dass er sofort ins Krankenhaus gehen soll. Aber er ist erst noch bei seiner Hausärztin vorbeigefahren, die ihn zu mir geschickt hatte, hat deren Ratschläge ignoriert, und erst als diese mit der Mutter des Vergifteten gesprochen hatte und die Mutter ihn dazu gedrängt hat, ist er ins KH gefahren. Wo er sich angeblich auch einen Ruf als schwieriger Patient erarbeitet hat...

    Ich glaube, er dachte, ich würde ihm einen Scheiß erzählen, weil es ihm nach dem (für Orellanin-Vergiftung ja relativ untypischen) Erbrechen/Durchfall ja schon wieder besser ging. Von Respekt oder einer Grundannahme "die weiß schon, was sie tut" habe ich bei ihm nichts gemerkt.

    Das war aber - neben der Pilzwanderung-Teilnehmerin, die unbedingt den Ziegelroten Schwefelkopf essen wollte - auch der Einzige. Alle anderen sind normalerweise dankbar und kämen nicht wirklich auf die Idee, Pilze gegen meinen Rat zu essen. Selbst welche, bei denen ich extra dazusage, dass sie *mir* nicht schmecken, es aber Leute gibt, die total drauf stehen (Paradebeispiel sind die Stäublinge), werden normalerweise nicht mitgenommen.

    Beste Grüße

    Sabine

  • Hoppla,

    Das ist wirklich Krass :(

    Kenne ähnliches aus zu der Zeit, wo Psilocybin haltige Pilze getrocknet und gekaut wurden um eine Art FLASH auf legale Weise zu geniessen?

    Diese gehörten zum Glück nicht zu meinen Kunden.

    BG Markus

    Mit besten Grüssen, Markus

    Mit meinen Beiträgen gebe ich lediglich meine persönliche Einschätzung/Meinung ab. Sie sind nur als Vorschläge zu werten und es gibt damit insbesondere keine Verzehrs Freigaben.

    Eine zuverlässige Bestimmung sowie die Freigabe zu Speisezwecken kann nur durch geprüfte Pilzsachverständige / Kontrollstelle freigegeben werden. Danke

  • Ein junger Mann, der Spitzgebuckete Rauköpfe gegessen hatte und bei mir mit seinen eingefrorenen Pilzschätzen vorstellig wurde, damit ich den schuldigen Pilz identifizieren kann (dankenswerterweise hatte er im Gefriergut welche drin)

    Oje...hast Du die dann mikroskopiert?

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Oje...hast Du die dann mikroskopiert?

    Nein, das war nicht nötig, das waren noch vollständige Pilze, die gut zu erkennen waren.

    Ich habe, nachdem der Ratsuchende weg war, noch zum Spaß den Orellaninnachweis mit Eisenchlorid gemacht, aber für die Pilzbestimmung war das überflüssig.

    Beste Grüße

    Sabine

  • Hallo und guten Tag,

    Diese Diskussion zeigt auf, wie schwierig das Thema ist. Auch kommt zum vorschein, das stellt man im Älter werden fest, welch "intelligente" Leut`s auf der Erde rumlaufen, möchte es kurz umreisen:

    Diejenigen, die anderswärtig, im Job, zuhause ec. nix zu melden und sagen zu haben, sie die, welche wenn allein, das Mundwerk am größten aufreisen. Die eine gehobene Position haben auch.

    Erlebe es in meinem Job, tagtäglich.

    Dies hier angesprochene Thema läßt mich auch daher weitestens Abstand, eine beratenden Tätigkeit, in diesem Falle PSV in angriff zu nehmen.

    (Ich habe erstmals genug damit zu tun, mein Ego abzubauen.😉😅😂)

    Gruß Ralph

    Das Marmeladenbrot ist keine Katze :awardspeech:

  • Lieber Ralph,

    ich vermute, das liegt an mir (ich bin echt schlecht darin, zwischen den Zeilen zu lesen oder Andeutungen zu kapieren), aber ich verstehe bei deinem Posting ehrlichgesagt nur Bahnhof.

    Beste Grüße

    Sabine

  • Nein, das war nicht nötig, das waren noch vollständige Pilze, die gut zu erkennen waren.


    Ich habe, nachdem der Ratsuchende weg war, noch zum Spaß den Orellaninnachweis mit Eisenchlorid gemacht, aber für die Pilzbestimmung war das überflüssig.

    Oje...und was wurde dann aus dem armen Kerl?

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Ich frage mich, wie ist das eigentlich wenn man ohne PSV zu sein oder konkret als solcher aufzutreten Wildpilze für Freunde oder Verwandte anschaut, also z.B. wenn der Nachbar "mal drübergeschaut hat".

    Wenn dann was passiert, hat der Nachbar da eigentlich ein rechtliches Risiko? Ich denke nein, der/ Pilzsammler_in ist rechtlich gesehen letztendlich selbst verantwortlich dafür, was er oder sie isst. Man kann den Nachbar nicht dafür verklagen, dass er gesagt hat "die Pilze sind ok".

    Ist da formaljuristisch überhaupt ein Unterschied zur (unentgeltlichen, ehrenamtlichen) Pilzberatung durch einen PSV?

    Man ist ja kein offiziell bestellter Gutachter und die Zertifizierung "Pilzsachverständiger" der DGfM ist auch nicht gesetzlich geregelt. Jede/r könnte im Grunde eigentlich einfach eine Pilzschule eröffnen und den Leuten ein Papier in die Hand geben auf dem "Sie sind jetzt Pilzsachverständiger" steht. Das ist nicht so wie z.B. beim öffentlich bestellten und vereidigten Immobiliensachverständigen, einem gesetzlich geregelten Begriff.

    Anders verhält es sich wahrscheinlich, wenn man die Pilzberatung entgeltlich anbietet. Dann erbringt man eine Leistung, für die man wahrscheinlich haftbar ist. In der ehrenamtlichen Pilzberatung ist der PSV aber wohl juristisch gesehen eher vergleichbar mit dem Nachbar der mal drüberschaut.

    So zumindest mein Verständnis als juristisch Unkundiger.

    Alle meine Aussagen in diesem Forum sind nur als Bestimmungshilfen und keinesfalls als Verzehrfreigabe zu verstehen.

  • Hallo MisterX,

    das trifft es sehr gut. Zwischen einem ehrenamtlich und unentgeltlich tätigen Pilzberater und einem Ratsuchenden kommt kein Vertrag oder ein vertragsähnlicher Zustand zustande, aus dem heraus eine vertragsrechtliche Haftung, etwa wegen Falschberatung, erwachsen könnte. Die Haftung kann nur eine strafrechtliche sein (etwa wegen fahrlässiger Körperverletzung/Tötung), wobei die Hürde hier sehr hoch liegt. Der Pilzberater müsste dann schon vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben, z. B. Pilze am Telefon oder aufgrund vorliegender Fotos freigegeben haben, oder den Ratsuchenden z. B. in penetranter Weise bedrängt haben, die fraglichen Pilze zu essen (sie ihm sozusagen aktiv in den Mund gesteckt haben). So etwas wird in der Praxis wohl nie vorkommen.

    Generell ist das Verhältnis zwischen ehrenamtlichem Pilzberater und Ratsuchenden ein Vertrauensverhältnis. Der Ratsuchende kommt zum Pilzberater, um sich ein gutes Gefühl beim Pilzessen zu verschaffen. Er genießt in gewisser Weise Vertrauensschutz. Ein Zuviel an Bürokratie zeigt eigentlich nur an, dass (beiderseits) nicht genügend Vertrauen vorhanden ist, so dass das Ganze nicht funktionieren kann. Da es keine Beratungspflicht gibt, kann der Pilzberater immer sagen: "ich berate Sie nicht", falls die Vibrations im Beratungsgespräch nicht stimmen, wenn also der Ratsuchende sich in irgendeiner Weise querstellt. Selbstverständlich sollte ein Ratsuchender vor dem Beratungsgespräch den Pilzberater mal nach seinem Beraterschein (Prüfungsausweis) fragen, also zumindest ich würde das machen, wenn ich zur Pilzberatung ginge. Bei gültigem Ausweis wäre der Vertrauensschutz dann da bzw. höher als ohne Ausweis. Seltsamerweise hat mich noch nie ein Ratsuchender nach meinem Beraterschein gefragt, da ist also auch ziemlich viel Blauäugigkeit im Spiel.

    FG

    StephanW

    Für meine hier gemachten Aussagen zu Pilzen übernehme ich keinerlei Haftung, es sind insbesondere keine Essfreigaben.