Ziegelgelber Schleimkopf?

Es gibt 16 Antworten in diesem Thema, welches 2.061 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (22. November 2022 um 22:16) ist von huehnchen69.

  • Hallo in die Runde!

    Als langjähriger Pilzgänger mit überschaubaren Kenntnissen möchte ich meinen Horizont erweitern. Könnte es sich hier um einen Ziegelgelben Schleimkopf (Cortinarius varius) handeln? Standort war Fichtenstangenholz auf Diabas im Mittelgebirge.

    Danke

  • Hi,

    Zitat

    Könnte es sich hier um einen Ziegelgelben Schleimkopf (Cortinarius varius) handeln?

    Ja, es könnte sein. Cortinarien sind eh ein super schweres Feld - und mit geschnibbeltem Stiel letztlich nahezu unmöglich zu bestimmen.

    VG, Boris

  • Hallo,

    ja, das ist er wohl, der Ziegelgelbe S. Aber bitte mach keine Aufnahmen unter solchen künstlichen Lichtverhältnissen mehr, sondern unter natürlichen, gleichmäßigen Lichtverhältnissen. Denn mit der Überbelichtung auf der einen Seite und den abgedunkelten Hutteilen auf der anderen Seite sieht der teilweise leider unnatürlich aus.

    VG Sepp

    Eine Verzehrsfreigabe gibt es nur beim Pilzsachverständigen vor Ort

  • ....woran machst du das fest?

    Hallo Sabine,

    am Aussehen der Fruchtkörper natürlich und aufgrund meiner Sammelerfahrung. Ich kenne C. varius gut aus eigener Anschauung und hatte ihn auch schon mehrmals in einem Mischgericht auf dem Teller, zuletzt erst vor 2 Tagen, denn er sprießt derzeit auch in meinem Sammelgebiet bei den Fichten aus dem Humusboden.

    C.varius hat eine "warme" braungelbe oder semmelbraune bis semmelgelbe Hutfarbe, dazu die (zart)lila Lamellen bei jüngeren Exemplaren, der zur Basis hin etwas keulig verdickte Stiel und das weißliche, manchmal ganz schwach gelblich angehauchte Fleisch (kann man auf den Fotos schon am abgekratzten Stiel erahnen bzw. erkennen).

    Der Ziegelgelbe Schleimkopf ist eine der relativ leicht kenntlichen Haarschleieringsarten und ein guter Speisepilz. Wenn man den einmal kennt, dann lässt er sich bei wiederholten Funden makroskopisch gut ansprechen. Auf den Fotos im Startbeitrag kommt er leider nicht optimal rüber.

    Gleichzeitig möchte ich aber auch zur Vorsicht mahnen: bei den Cortinarien handelt sich um eine der schwierigsten Gattungen und für Speisezwecke sollten Haarschleierlinge nur von Leuten mit großer Sammelerfahrung und weitreichender Artenkenntnis gesammelt werden.

    VG Sepp

    Eine Verzehrsfreigabe gibt es nur beim Pilzsachverständigen vor Ort

    3 Mal editiert, zuletzt von Sepp (25. November 2022 um 09:50)

  • Danke danke für die Antworten. Die Bilder sind ob des Vermögens meines Tablet bescheiden, die violette Tönung war aber tatsächlich recht intensiv. Danke auch für die Hinweise zum Verzehr. Den Pilz habe ich nach intensiver Auseinandersetzung mit der Thematik vertilgt. Da es keine Beschwerden gab, scheint auch dieses Kriterium die Artbestimmung zu bestätigen.

  • . Den Pilz habe ich nach intensiver Auseinandersetzung mit der Thematik vertilgt. Da es keine Beschwerden gab, scheint auch dieses Kriterium die Artbestimmung zu bestätigen.

    Hallo, schon erstaunlich mit welcher Naivität hier angegangen wird..... Mal verkosten und dann schauen was passiert..... Verstehe ich nicht und für alle stillen Mitleser, genau so macht man es sicher nicht. BG Andy

  • Mutig.

    Allerdings muss ich sagen, dass ich innerhalb von 40 Jahren meine Kenntnisse zum Teil auch so erworben habe. Ein unbekannter, nachsehen wie die tödlich giftigen aussehen und Doppelgänger. So habe ich jeden genießbaren Pilz zigmal mitgenommen verglichen und dann gegessen. Pilzberatung gab es keine. Umfrage im Bekanntenkreis die Steinpilze und Pfifferlinge an Kneipen verscherbeln, die kannten eben nur diese und auch noch Maronen. Das wars dann. Internet sowieso nicht.

  • Mutig.

    Allerdings muss ich sagen, dass ich innerhalb von 40 Jahren meine Kenntnisse zum Teil auch so erworben habe. Ein unbekannter, nachsehen wie die tödlich giftigen aussehen und Doppelgänger. So habe ich jeden genießbaren Pilz zigmal mitgenommen verglichen und dann gegessen. Pilzberatung gab es keine. Umfrage im Bekanntenkreis die Steinpilze und Pfifferlinge an Kneipen verscherbeln, die kannten eben nur diese und auch noch Maronen. Das wars dann. Internet sowieso nicht.

    Ja, kann mich erinnern. Erst mußte mein Vater die unbekannten Pilze essen. Wenn sie ihm bekamen, dann wurden sie auch meiner Mutter und uns Kindern serviert. Es ist immer gut gegangen. Glaube meine Mutter hat sich das Wissen von ihrem Vater angeeignet. Sie sammelten immer in den gleichen Wäldern und viele Täublinge.

    Viele Grüße, Donna Wetter

  • Hallo Lanexi,

    Da es keine Beschwerden gab, scheint auch dieses Kriterium die Artbestimmung zu bestätigen.

    Gerade in der Gattung der Schleierlinge, zu denen der von dir Verspeiste gehört, gibt es Vertreter, bei denen du erst zu Halloween aus dem Schneider wärest hinsichtlich Bekömmlichkeit. Zum Glück sehen die ganz anders aus als dein Exemplar, die gehören zu den Rauköpfen.

    Beste Grüße

    Sabine

  • Ob Dinge eßbar sind oder nicht, ist ganz wesentlich überliefertes Wissen, welches wenig überraschend über Generationen durch Versuch und Irrtum erlangt wurde. Vergleicht man ältere und neuere Pilzbestimmungsliteratur, so findet man dort hinsichtlich der Genießbarkeit einzelner Arten durchaus unterschiedliche Ansichten. Die individuelle Verträglichkeit von Lebensmitteln und Naturprodukten oder die Verträglichkeit in Kombination mit anderen Lebensmitteln und Naturprodukten steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Insofern besteht immer ein nur schwer einzuschätzendes Restrisiko, das jeder für sich beurteilen mag. Ich für meinen Teil fresse mich nicht wahllos durch den Wald und prüfe sehr genau, was ich verkoste und was nicht. Die Artbestimmung im Fall des Ziegelgelben Schleimkopfes war für mich hinreichend sicher, um einen dieser Pilze zu verkosten. Ich kann verstehen, dass das bei manchen Menschen Irritationen hervorruft, aber dieses Probieren und der Selbstversuch sind insgesamt doch wesentlich für unsere Natur. Wie wären wir sonst an unser medizinisches Wissen gelangt? Keine Sorge, ich möchte keine Grundsatzdiskussion führen, sondern meine Risikioabwägung gegen die mir unterstellte Naivität stellen.

  • Hallo Lanexi,

    Keine Sorge, ich möchte keine Grundsatzdiskussion führen, sondern meine Risikioabwägung gegen die mir unterstellte Naivität stellen.

    nunja - du hast bei deiner beschriebenen Risikoabwägung ja schon ein paar grundsätzliche Punkte mit ins Spiel gebracht. Sofern das obige Zitat also dazu gedacht war, mögliche Antworten von vornherein abzuwürgen, empfinde ich das als unfair.

    Insbesondere auch im Hinblick darauf, dass hier ja haufenweise Leute mit unbekanntem Vorwissen reinlesen, ist es mir schon ein Anliegen, dazu etwas zu schreiben.

    Ich stimme dir zu, dass Wissen über Essbarkeit von Dingen, die man in der Natur findet, dankenswerterweise zu großen Teilen von unseren Vorfahren erworben wurde, und dass es gut ist, dass wir darauf aufbauen können.

    Aber wie du selbst schon schreibst: Die Beurteilung des Speisewerts in der Pilzbestimmungsliteratur ändert sich mit der Zeit. Und insbesondere bei der Einstufung giftig/ungiftig beruht das überwiegend darauf, dass neuere Erkenntnisse zeigen, dass das überlieferte Wissen nicht richtig ist oder zumindest ergänzt werden muss.

    Darüber hinaus ist überliefertes Wissen in Bezug auf Pilze teilweise auch einfach Quatsch. Ich kenne persönlich mindestens eine Frau, die noch nach der "Silberlöffel"-Methode Pilze auf Giftigkeit geprüft hat. Dieser Unfug wurde ja - neben der "Zwiebel"-Methode über Generationen weitergegeben (und führte immerhin nicht so oft zum Tod, dass dieses Gerücht von selbst ausgestorben wäre... - auch meine Bekannte ist trotzdem über 90 geworden). In manchen Gegenden der Welt hält sich hartnäckig die Pilzbekömmlichkeit-Vorgehensweise, dass man nur riechen, bei gutem Geruch ein Probestück kauen müsse, und wenn das mild ist, man den Pilz essen könne. Auch dieses Gerücht scheint sich höchstens regional von selbst auszurotten (eine Bekannte erzählte mir, dass in und um ihr Heimatdorf so viele Menschen (ich glaube, in der Generation ihrer Großeltern) unabhängig voneinander an Pilzvergiftungen gestorben sind, dass dort niemand mehr einen Pilz auch nur anfasst.

    Will sagen: Die insbesondere bei Pflanzen einigermaßen zielführende Testmethode, zu riechen, ein kleines Stück zu knabbern und auszuspucken, dann ein kleines (gegartes) Stück zu essen, Reaktion vielleicht einen Tag lang beobachten, dann mehr davon probieren - das funktioniert bei Pilzen nicht gut genug.

    Zumindest wäre mir nicht bekannt (was natürlich an mir liegen kann - ich bin keine Biologin), dass es Pflanzen gibt, die ihre (tödliche) Giftwirkung erst nach 2-3 Wochen zeigen, die man ein- oder mehrmals relativ problemlos essen kann, dann aber nach einer weiteren Mahlzeit daran sterben kann, oder an denen man sich zwar ein- oder zweimal die Woche problemlos sattessen kann, aber bei jedem Tag in der Woche daran sterben kann.

    Nicht ohne Grund hat es also bis in die jüngste Zeit gebraucht, bis die Giftigkeit mancher Rauköpfe, des Kahlen Kremplings oder des Grünlings erkannt wurden.

    Das in Verbindung mit der enormen Verwechslungsgefahr bei Pilzen (KI-basierte Pflanzenerkennung funktioniert prächtig, KI-basierte Pilzerkennung ist ein Trauerspiel) bedeutet in meinen Augen, dass ein Verzehr von Pilzen, bei denen man sich nicht 100%ig sicher ist, tatsächlich unvernünftig ist.

    Ich weiß freilich nicht, was du hiermit meinst:

    Den Pilz habe ich nach intensiver Auseinandersetzung mit der Thematik vertilgt.

    Die Artbestimmung im Fall des Ziegelgelben Schleimkopfes war für mich hinreichend sicher, um einen dieser Pilze zu verkosten.

    Da du dich eingangs selbst so charakterisiert hast:

    Als langjähriger Pilzgänger mit überschaubaren Kenntnissen möchte ich meinen Horizont erweitern.

    kann ich nur vermuten, dass deine persönliche Sicherheit schon früher erreicht ist, als es bei mir der Fall wäre.

    Ich sammle seit 30 Jahren Pilze, bin seit 12 oder 13 Jahren PSV, habe diverse Fortbildungen besucht (unter anderem einen 1-wöchigen Kurs zum Thema Schleierlinge) und habe mir trotzdem den makroskopisch meines Erachtens mit dem Ziegelgelben Schleimkopf verträglichen Pilz, den ich diesen Herbst fand (dazu mache ich gleich noch ein eigenes Posting) nicht in die Pfanne gehauen. Denn ich wollte zunächst noch mikroskopische und makrochemische Merkmale abprüfen, den Pilz durchschlüsseln, optimalerweise einem PSV-Kollegen, der nicht so weit weg in basenreicherem Gebiet wohnt, vorlegen. Zu alledem bin ich nicht gekommen, vielleicht wird es nächstes Jahr was. Schleierlinge sind halt eine echt umfangreiche Gattung mit sehr wenig essbaren Arten. Aus dem Schleierlingskurs kann ich mich erinnern, dass es einige Arten mit gelblichem Hut und mehr oder weniger fliederfarbenen Lamellen gab. Ich kann mich an die einzelnen Abgrenzungen nicht erinnern, aber bei manchen Artbestimmungen war es wichtig, ob die Hutfarbe ein warmes Gelb ist, oder ob der Gelbton auch leicht kalte Blauanteile hat. Die einzelnen Informationsbröckchen kriege ich aus dem Gedächtnis nicht mehr den Arten oder auch nur Untergattungen zugeordnet, führen aber in Summe dazu, dass ich mir niemals einen gelbhütigen Schleierling mit fliederfarbenen Lamellen einfach in die Pfanne hauen würde. Aber vielleicht hast du ja auch noch weitere Untersuchungen nachgelegt.

    Beste Grüße

    Sabine

  • Hallo Sabine,

    was mich mal noch interessieren würde, weil ich mich mit Cortinarien zu Speisezwecken noch gar nicht beschäftigt habe:

    Welche Verwechslungspartner/Arten halten dich mit deinem Erfahrungsschatz davon ab, den Ziegelgelben Schleimkopf zu Speisezwecken zu sammeln?

    Danke und Grüße vo dr Alb ra

  • Hallo,

    Welche Verwechslungspartner/Arten halten dich mit deinem Erfahrungsschatz davon ab, den Ziegelgelben Schleimkopf zu Speisezwecken zu sammeln?

    es ist bei mir gar nicht so sehr die Sorge vor dem einen ultragiftigen Doppelgänger, sondern die Kombination daraus, dass fast alle Schleierlinge giftig oder giftverdächtig sind, dass es irre viele Arten gibt, dass ich den Semmelgelben Schleimkopf noch nie alleine gefunden und dann als korrekt bestätigt selbst bestimmt habe, und dass ich beim Schleierlingskurs das Gefühl hatte, ständig gelbe Pilze mit fliederfarbenen Lamellen gesehen zu haben.

    Beste Grüße

    Sabine